DiskursGlossar

Bedeutung

Kategorie: Grundbegriffe
Verwandte Ausdrücke: Semantik, Denotation, Konnotation
Siehe auch: Konnotation, semantische Kämpfe, Perspektive
Autorin: Anna Mattfeldt
Version: 2.1 / Datum: 26.11.2022

Kurzzusammenfassung

Der Ausdruck Bedeutung wird sowohl in der Alltagssprache als auch in der Fachsprache nicht einheitlich verwendet. Alltagssprachlich wird auf die Bedeutung von etwas – zum Beispiel einem Wort, Gegenstand oder Gesichtsausdruck – verwiesen, wenn dessen Status in der Welt unklar ist (‚was bedeutet es, dass X‘) oder seine Wichtigkeit hervorgehoben werden soll (‚X ist bedeutend‘) (s. dazu ausführlich Linke/Nussbaumer/Portmann 2004: 153 f.).

In der Sprachwissenschaft gibt es verschiedene Modelle dafür, was Bedeutungen sind und wie sie ermittelt werden können. In der Referenzsemantik (mit Bezug auf Ogden/Richards 1923) wird mit der Bedeutung eines Ausdrucks das gedankliche Konzept (z.B. die Vorstellung, die wir mit dem Ausdruck Finanzminister verbinden, als eine Person, die das für Finanzen zuständige Ministerium innehat) oder das Referenzobjekt als Sachverhalt gemeint (z.B. die konkrete Person, die zum Zeitpunkt der Äußerung Finanzminister ist).

Nach Auffassung der Gebrauchssemantik ergibt sich die Bedeutung eines Wortes aus seinem Gebrauch in einer Sprachgemeinschaft. Verändert sich dieser, wandelt sich auch die Bedeutung des Wortes (z.B. das Wort Frau, das in der Form vrouwe im Mittelhochdeutschen lediglich erwachsene adlige weibliche Personen bezeichnete, dessen Gebrauch gegenwartssprachlich aber nicht mehr auf Adlige beschränkt ist). In Diskursen können sich dabei semantische Kämpfe (vgl. Felder 2013) ergeben, in denen Wortbedeutungen aus verschiedenen Perspektiven ausgehandelt werden oder Wörter bewusst als Ausdruck von Geltungsansprüchen eingesetzt werden (z.B. Klimakatastrophe vs. Klimaveränderung). 

Die Prototypensemantik geht davon aus, dass es zu Begriffen besonders passende und eher randständige Vertreter gibt. Die prototypischen Vertreter sind kognitiv leicht zugänglich und werden spontan genannt, wenn nach Beispielen gefragt wird (etwa Hammer als Beispiel für ein Werkzeug; seltener spezialisiertere Beispiele wie Fliesenschneider oder Nietenzieher). 

Erweiterte Begriffsklärung

Stellen wir uns einige Alltagssituationen vor, wird deutlich, wie wir die Bedeutung – ,das, was gemeint ist‘ – versuchen zu verdeutlichen, wenn es zu Unsicherheiten kommt (vgl. zu den folgenden Differenzierungen ausführlich Linke/Nussbaumer/Portmann 2004: 155): Wir können uns auf einen konkreten Gegenstand beziehen (dann wäre die Bedeutung eines Wortes ein konkretes Referenzobjekt) und vielleicht darauf zeigen, wenn uns jemand fragt, was ein Wort bedeutet. Es können beim Versuch, Bedeutung zu beschreiben, klassische Charakteristika benannt werden (,Ein Tisch hat normalerweise eine Platte und vier Beine, kann aus Holz oder Plastik sein…‘) – die Bedeutung also eher in den Merkmalen eines Gegenstandes sehen – oder Gebrauchsbedingungen des Wortes formulieren (,in der Fachsprache der Physik bedeutet Arbeit etwas anderes als im Alltag‘). Wenn wir uns nicht sicher sind, wie etwas zu interpretieren ist, gehen wir von zusätzlichen Bedeutungen über die visuell oder auditiv wahrnehmbaren Zeichen hinaus aus und können dies thematisieren (,was hat es zu bedeuten, dass du jetzt so grinst?‘). Und was als wichtig erachtet wird, bezeichnen wir auch als ,bedeutend‘ oder von ,Bedeutung‘.

Sprachliche Zeichen wie Wörter werden der Referenzsemantik (s. ausführlich Wimmer 1979) zufolge erst zu Zeichen, wenn sie in einer Sprachgemeinschaft mit einer Bedeutung versehen werden. Eine Lautfolge wie [paʁlaˈmɛnt] wird erst dann bedeutungsvoll, wenn damit ein konkretes gedankliches Konzept verbunden wird, das von verschiedenen Sprachbenutzern geteilt wird und verwendet werden kann. Das gedankliche Konzept, das wir mit dieser Lautfolge verbinden, erlaubt es uns also, uns mit dem sprachlichen Zeichen z.B. auf konkrete Parlamente zu beziehen und etwas über sie auszusagen. Es ist folglich in der Referenzsemantik zwischen verschiedenen Ebenen der Bedeutung eines sinnlich wahrnehmbaren Ausdrucks (z.B. Parlament), den wir hören oder lesen, zu unterscheiden: dem Referenzobjekt (z.B. einem konkreten Parlament, das wir als solches in einer Gesprächssituation bezeichnen) und dem abstrakten gedanklichen Konzept ›Parlament als ›vom Volk gewähltes gesetzgebendes Organ. Die Trias aus Ausdruck, Konzept und Referenzobjekt wird auch im semiotischen Dreieck nach Ogden und Richards (1923) dargestellt (vgl. Darstellung in Perspektive).

Die Gebrauchssemantik legt den Fokus stärker auf die Rolle der konkreten Verwendung in sprachlichen Kontexten. Wittgenstein formuliert dies in seinen Philosophischen Untersuchungen (§43): „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“. Die Bedeutung von Wörtern entsteht demzufolge erst durch ihren Gebrauch und wird durch diesen erlernt. Dies wird offensichtlich, wenn man den Erstspracherwerb in den Blick nimmt: Wörter wie Hund, Ball oder spielen erlernen wir durch die Beobachtung, dass andere Sprachteilnehmer*innen sie verwenden und sich damit auf bestimmte Referenzobjekte oder Tätigkeiten in der Welt beziehen, sodass sich für uns ein entsprechendes Wissen über den Zusammenhang von Ausdruck, möglichen Referenzobjekt(en) und Verwendungskontext herausbildet. Alle Referenzobjekte, die dabei potenziell mit einem Ausdruck bezeichnet werden können, gehören dabei zu dessen „Extension“ (vgl. Busch/Stenschke 2018: 200).

Dass dasselbe Referenzobjekt auch mit unterschiedlichen Ausdrücken bezeichnet werden kann, kennen wir auch als Bedeutungsrelation der Synonymie. Jedoch sind in der Praxis nur wenige Wörter – wenn überhaupt! – komplett bedeutungsgleich, wenn wir auch die konkreten Kontexte ihres Gebrauchs und weitergehende Assoziationen heranziehen. Die Denotation kann als neutrale Grundbedeutung eines Wortes betrachtet werden, die Konnotation als spezifische Perspektive, Stilebene oder Wertung eines Ausdrucks:

Das wird auch deutlich, wenn wir Wörter vergleichen, mit denen wir auf den ersten Blick die gleiche Bedeutung verbinden, die wir also als Synonyme bezeichnen würden. So ist in den Paaren Säugling – Baby oder Klinik – Krankenhaus jeweils grob die gleiche Kategorie von Entitäten gemeint. Semantisch gesprochen: die beiden Wörter haben die gleiche neutrale Grundbedeutung oder Denotation. Im ersten Fall ist jeweils von einem sehr kleinen Kind die Rede, im zweiten von einer medizinischen Institution. Was die Bezeichnungen aber unterscheidet, ist die Perspektive, die wir auf diesen Typ von Entität mitformulieren. Vom Säugling redet wahrscheinlich eher die Kinderkrankenschwester als die Mutter. Eine solche – manchmal ziemlich subjektive – Bedeutungsfacette kann ganz verschiedene Ausprägungen annehmen und wird als Konnotation bezeichnet (Bremer/Müller 2021: 209 f., H.i.O.).

Die Prototypensemantik schließlich „beruht auf der Grundannahme, dass die Bedeutung von Wörtern nach ihrer Position in einer Kategorie hierarchisiert ist“ (Busch/Stenschke 2018: 207). Befragt man zum Beispiel Sprachteilnehmer*innen (wie etwa in den Experimenten von Eleanor Rosch, vgl. Rosch 1975), für wie typisch oder untypisch sie bestimmte Vertreter einer Kategorie halten, zeigt sich diese Hierarchisierung: So werden Spatzen und Rotkehlchen in europäischen Kulturkreisen eher als typische Vertreter der Kategorie Vogel eingestuft als etwa der Pinguin oder der Strauß. Dies gibt Aufschluss darüber, wie Bedeutung kognitiv organisiert sind, aber auch über kulturelle und sprachliche Spezifika: So ist, wie Busch und Stenschke zu Recht anmerken, mit Sicherheit kulturell verschieden, welche Sportarten als besonders prototypisch angesehen werden (Busch/Stenschke 2018: 206).

Beispiele

Wie werden diese linguistischen Facetten von Bedeutung für politische und strategische Kommunikation relevant? Drei Möglichkeiten sollen hier beispielhaft herausgegriffen werden.

(1) Zum einen betreffen die bisherigen Definitionen auch politisch relevante Ausdrücke, deren regelhafter Gebrauch und prototypischer Kontext sich verändern können. Der Ausdruck Ehe beispielsweise hat sich in seiner Bedeutung durch politische Entscheidungen und den damit veränderten Gebrauchsbedingungen im Laufe der Zeit stark gewandelt. Dies geschah zum einen durch die zunehmende rechtliche Relevanz der Zivilehe gegenüber der kirchlichen Eheschließung, zum anderen durch die Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare (in Deutschland im Jahr 2017). Auf welche Sachverhalte man sich mit dem Ausdruck Ehe beziehen kann, wie weit also seine Extension reicht, ist auch eine politische Frage. Konnotationen von Ehe wie ‚gesellschaftliche Stabilität‘, die viele Personen teilen, konnten dabei genutzt werden, um politisch z.B. für die Öffnung der Ehe über die Verbindung von Mann und Frau hinaus zu werben (vgl. zum Diskurs um den Ausdruck Ehe Eckerlin 2021 sowie fortlaufende Forschung im Projekt Culture Wars und die darin entstehende Dissertation von Sven Bloching, Stand 15.8.2022).

(2) Zum anderen können Ausdrücke, die für viele der Sprachgemeinschaft besonders positiv besetzt sind– wie Hochwertwörter strategisch eingesetzt werden: Was etwa mit Freiheit im konkreten sprachlichen Gebrauch strategisch verbunden wird, kann unterschiedlich sein (z.B. die Freiheit, ohne Tempolimit auf Autobahnen zu fahren, über Grenzen zu reisen, sich gegen COVID-19 impfen lassen zu können oder das nicht zu tun), ist abhängig von der jeweiligen politischen Haltung. Die Tatsache, dass viele Menschen generell mit Freiheit etwas Wünschenswertes assoziieren, kann bei der Verwendung dieses Hochwertwortes genutzt werden, um die eigene Position als positiv zu inszenieren.

Auch abseits von klar erkennbaren Hochwertwörtern finden sich Beispiele für Ausdrücke, die eine Gruppe für sich beansprucht, so z.B. mit Blick auf den Ausdruck Querdenker. So kann mit diesem Ausdruck nicht mehr nur allgemein auf eine „Person, die eigenwillige und mit etablierten Positionen meist nicht vereinbare Ideen oder Ansichten vertritt, äußert und deshalb oft auf Unverständnis oder Widerstand trifft“ (Duden Online, Stand 15.8.2022) verwiesen werden (was oft durchaus neutral oder positiv sein kann), sondern der Ausdruck wurde auch spezifisch von einer Bewegung, die gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie demonstrierte, als Selbstbezeichnung gewählt. Die ursprüngliche allgemeinere Bedeutung droht dabei zumindest im politischen Kontext verloren zu gehen bzw. muss nun explizit gemacht werden, so dass die Bezeichnung Querdenker (z.B. als Selbstbezeichnung im kreativen Bereich) möglicherweise eher gemieden wird, wenn man Verwechslungen vermeiden will. Auf diese Weise können sich politische Gruppen Ausdrücke aneignen, die aus anderer politischer Perspektive dann kaum noch unvoreingenommen gebraucht werden können.

(3) Eine solche Konkurrenz um Begriffsbesetzungen wie in (2) beschrieben bezeichnet man auch als Bedeutungskampf oder „semantischen Kampf“ (vgl. Felder 2013) um einen Ausdruck. Semantische Kämpfe können auch zwischen zwei Ausdrücken / Symbolen auftreten, die sich auf dasselbe Referenzobjekt beziehen, aber verschiedene Perspektiven auf die Thematik deutlich machen. Beispielsweise könnte für klimatische Veränderungen der Ausdruck Klimawandel gebraucht werden, aber auch der Ausdruck Klimakatastrophe, der das Ausmaß auf dramatischere Weise verdeutlicht und negativer konnotiert ist. Wer den Ausdruck Wetterextreme für beobachtete Sachverhalte wählt, vermeidet (unter Umständen bewusst) den Bezug zu Komposita mit Klima und damit der Lesart, dass Ereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Rückgang der Artenvielfalt miteinander als Teil einer größeren klimatischen Veränderung zusammenhängen. Die Ausdrücke Klimawandel, Klimakatastrophe und Wetterextreme stehen in Konkurrenz miteinander und unterscheiden sich in ihrer Bedeutung insofern, als sie unterschiedliche Perspektiven und Denkmuster konstituieren und diese im Diskurs durchzusetzen versuchen.

Bedeutungen sind gerade in politisch umkämpften Kontexten folglich nie unumstritten und können sich verändern, etwa wenn sich die Gesetzeslage eines rechtlich einschlägigen Ausdrucks wie Ehe verändert oder eine Gruppe einen Ausdruck für sich beansprucht. Relevant wird in politischen Kontexten damit nicht nur die Referenzsemantik von Wörtern, wie sie hier skizziert wurde, sondern auch die Art, wie Wörter in weitergehende Aussagen eingebettet werden und wer sie in welchem Kontext mit welchen Forderungen verbindet, d.h. der konkrete Gebrauch. Insgesamt ist in politischen Kontexten mit Blick auf die genannten Beispiele damit oft auch eine pragmatisch geprägte Komponente relevant. Es geht nicht nur darum, was das einzelne Wort zu bedeuten hat, sondern um die Bedeutung des Wortes in der gesamten Aussage in einem konkreten Kontext, d.h. welcher Sinn hinter einer Äußerung steckt (z.B. ob der Klimawandel bekämpft werden soll, ob andere von den empfohlenen Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie überzeugt werden sollen etc.). Bedeutung wird in politischen Kontexten folglich vor allem als Sinn in einem konkreten Gebrauchszusammenhang bzw. dem Zweck der Verwendung relevant.

Literatur

Zum Weiterlesen

  • Busch, Albert; Stenschke, Oliver (2018): Semantische Grundbegriffe. In: Germanistische Linguistik. Eine Einführung. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 183–194.

Zitierte Literatur

  • Bremer, Katharina; Müller, Marcus (2021): Sprache, Wissen und Gesellschaft. Eine Einführung in die Linguistik des Deutschen. Berlin; Boston: de Gruyter.

  • Busch, Albert; Stenschke, Oliver (2018): Germanistische Linguistik. Eine Einführung. Tübingen: Narr Francke Attempto.

  • Duden Online: Querdenker. Online unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Querdenker; Zugriff: 15.08.2022.

  • Eckerlin, Alexander (2021): Digitale Deutungshoheit. Semantische Wettkämpfe auf Twitter. Masterarbeit an der Universität Heidelberg.

  • Felder, Ekkehard (2013): Faktizitätsherstellung mittels handlungsleitender Konzepte und agonaler Zentren. Der diskursive Wettkampf um Geltungsansprüche. In: Ders. (Hrsg): Faktizitätsherstellung in Diskursen. Die Macht des Deklarativen. Berlin; Boston: De Gruyter, S. 13–28.

  • Janich, Nina (2013): Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr.

  • Linke, Angelika; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. Tübingen: Niemeyer.

  • Ogden, Charles K.; Richards, Ivor A. (1923): The Meaning of Meaning. A Study of the Influence of Language upon Thought and of the Science of Symbolism. New York: Harcourt.

  • Rosch, Eleanor (1975): Cognitive Representations of Semantic Categories. In: Journal of Experimental Psychology, Heft 3, Jg. 104, S. 192–223.

  • Uni Heidelberg: Culture Wars – Kämpfe ums kulturelle Erbe. Online unter: https://culture-wars.uni-heidelberg.de ; Zugriff: 15.08.2022.

  • Wimmer, Rainer (1979): Referenzsemantik. Untersuchungen zur Festlegung von Bezeichnungsfunktionen sprachlicher Ausdrücke am Beispiel des Deutschen. Tübingen: Niemeyer.

  • Wittgenstein, Ludwig (2003): Philosophische Untersuchungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Verlinkte Onlinequellen

Zitiervorschlag

Mattfeldt, Anna (2022): Bedeutung. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 26.11.2022 (v. 2.1). Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/bedeutung/.

DiskursGlossar

Grundbegriffe

Diskurskompetenz

Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.

Agenda Setting

Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.

Medien

Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.

Macht

Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.

Normalismus

Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.

Wissen

Kollektives Wissen von sozialen Gruppen ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel strategischer Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Es wird geprägt durch individuelle Erfahrung, aber auch in Diskursgemeinschaften kommunikativ geteilt – vor allem im Elternhaus, in Peergroups und Bildungseinrichtungen sowie durch Medienkonsum.

Werbung

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument von Unternehmen, das der Positionierung im Markt dient und je nach Situation des Unternehmens auf Einführung, Erhalt oder Ausbau von Marktanteilen und damit letztlich auf ökonomischen Gewinn abzielt.

Mediale Kontrolle

Medien werden vielfältig zur Durchsetzung von Macht verwendet. So in der Zensur, wenn eine politische Selektion des Sagbaren und des Unsagbaren stattfindet; in der Propaganda, wenn eine Bevölkerung von den Ansichten oder wenigstens der Macht einer bestimmten Gruppe überzeugt werden soll; oder in der Überwachung, die unerwünschtes Verhalten nicht nur beobachten, sondern unwahrscheinlich machen soll.

Freund- und Feind-Begriffe

Freund-, Gegner- und Feindbegriffe sind Teil der Politischen Kommunikation. Sie bilden die Pole eines breiten Spektrums von kommunikativen Zeichen, mit denen politische Akteure sich selbst und ihre politischen Gegner im Kampf um beschränkte Ressourcen auf dem diskursiven Schlachtfeld positionieren.

Sprachpolitik / Sprachenpolitik

Sprachpolitik bezeichnet allgemein alle politischen Prozesse, die auf eine Beeinflussung der Sprachverwendung in einer Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft abzielen. Unterschieden wird häufig zwischen Sprachenpolitik und Sprachpolitik im engeren Sinne.

Techniken

Offener Brief

Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.

Kommunikationsverweigerung

Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.

Flugblatt

Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.

Passivierung

Unter Passivierung versteht man die Formulierung eines Satzes in einer grammatischen Form des Passivs. Das Passiv ist gegenüber dem Aktiv durch die Verwendung von Hilfsverben formal komplexer. Seine Verwendung hat unter anderem zur Folge, dass handelnde Personen im Satz nicht genannt werden müssen, was beispielsweise in Gesetzestexten für eine (gewünschte) größtmögliche Abstraktion sorgt („Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Art. 3 GG).

Aufopferungs-Topos

Als Aufopferungs-Topos wird in der Diskursforschung ein Argumentationsmuster bezeichnet, das zwei strategische Funktionen erfüllen kann: einerseits kann es dazu dienen, mit der Behauptung eines besonderen Ressourceneinsatzes (z.B. Einsatz von Geld, Zeit oder emotionaler Belastung) einen hohen Achtungswert für eine Person, eine Sache bzw. für ein Ziel zu plausibilisieren. Andererseits können Akteure besondere Privilegien (wie z.B. Wertschätzung, Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte) reklamieren, wenn sie sich für eine bereits in der sozialen Bezugsgruppe hochgeschätzte Sache engagieren.

Opfer-Topos

Als Opfer-Topos bezeichnet man eine diskursive Argumentationsstrategie, bei der sich Akteure als ‚Opfer‘ gesellschaftlicher Urteilsbildung inszenieren und damit eigene Interessen – vor allem Aufmerksamkeit und Berücksichtigung von Bedürfnissen – geltend zu machen versuchen.

Analogie-Topos

Der Analogie-Topos zählt zu den allgemeinen bzw. kontextabstrakten Argumentationsmustern, die genutzt werden können, um für oder gegen eine Position zu argumentieren. Analogie-Topoi werden von verschiedenen Akteuren und Akteursgruppen strategisch eingesetzt, um eine zustimmende Haltung bei den Zielgruppen zu bewirken.

Topos der düsteren Zukunftsprognose

Der Topos der düsteren Zukunftsprognose beschreibt ein Argumentationsmuster, bei dem eine negative, dystopische Zukunft prognostiziert wird. Dabei wird auf die drohenden Folgen einer Krise oder einer allgemeinen Gefahr verwiesen, aus der eine negative Zukunft bei falschem Handeln resultieren wird.

Negativpreis

Ein Negativpreis ist eine Auszeichnung an Personen oder Organisationen (meist Unternehmen), die sich oder ihre Produkte positiv darstellen und vermarkten, ihre Versprechen aus Sicht des Preisverleihers allerdings nicht einhalten. Dabei dient der Preis durch seine Vergabe vor allem dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen, mediale Präsenz auf ein Thema zu lenken und den Preisträger in seinem moralischen Image zu beschädigen.

Be-/Überlastungs-Topos

Der Be-/Überlastungstopos ist ein Argumentationsmuster, das vorwiegend in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Als zu vermeidende Konsequenz einer konkreten Situation wird mit dem Be-/Überlastungstopos ein Be- bzw. Überlastungs-Szenario skizziert.

Schlagwörter

Verfassung

Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.

Toxizität / das Toxische

Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.

Zivilgesellschaft

Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.

Demokratie

Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.

Plagiat/Plagiarismus

Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.

Fake News

Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.

Antisemitismus

Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.

Grammatiknazi / Grammar Nazi

Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.

Respekt

Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.

Verschiebungen

Ökonomisierung

Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren

Moralisierung

Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.

Konstellationen

Skandal

Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.

DiskursReview

Review-Artikel

Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023

Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...

Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)

Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?

Was ist ein Volk?

Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.

Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!

Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…