Zur Politisierung des Alltags

Strategische Kommunikation in öffentlichen Diskursen


Wissenschaftliche Tagung: 01.–03.02.2023

an der Universität Siegen

 

Tagungskonzept

Das neue Jahrtausend ist geprägt durch Krisen von globaler Reichweite – seien es die verschärfte Klimakrise, die Umbrüche in den nationalen und internationalen Sicherheitsarchitekturen seit 2001, die Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2007, das Neuerstarken rechter Gruppen seit 2015, die Corona-Pandemie seit 2019 oder der jüngst aufflammende kalt-heiße Krieg aus Anlass des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Die mit diesen Krisen einhergehenden Konflikte und Verteilungskämpfe prägen nicht nur das Denken, Handeln und Fühlen öffentlich-repräsentativer Diskursakteure wie JournalistInnen, PolitikerInnen, Unternehmensvorstände oder RichterInnen, sondern in besonderem Maße auch die Menschen im Alltag, sei es im „privaten“ Umfeld oder in Klein- und Kleinstorganisationen (z.B. Vereine oder Betriebsräte), sei es in der kommunalen Selbstverwaltung, in Facebook-Gruppen oder im Gespräch zwischen NachbarInnen oder unter ArbeitskollegInnen.

Die (krisenbedingt verschärfte) Politisierung der Alltagsdiskurse stehen im Zentrum der hier geplanten Tagung. Antworten auf folgende Leitfragen sollen dabei diskutiert werden: Was sind die sozialen, medial-räumlichen und sprachlichen Konstitutionsbedingungen für politische Kommunikation in außerorganisationellen, lokalen Diskursstrukturen und welche Bedeutung haben dabei diskurssemantische Verschiebungen (mithin Verunsicherung, vgl. Vogel/Deus 2022), Polarisierung und Fragmentierung?

Mit welchen Formen, Praktiken oder Mikro-Techniken der Strategischen Kommunikation werden Diskursakteure im Alltag konfrontiert, mit welchen Techniken ermächtigen sie sich selbst zu politischen Subjekten im Ringen um soziale Ordnung? Wie schlagen sich insbesondere die aktuellen Krisen – d.h. die Klimakrise, Corona-Pandemie und der Krieg gegen die Ukraine – auf das diskursive Geschehen, die Aushandlung von Faktizitäts- und Sagbarkeitsbedingungen im Alltag nieder?

Die Tagung schließt mit diesem Thema an die Aktivitäten zur Aufklärung und Dokumentation strategischer Kommunikation in der 2019 gegründeten Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention (DiMo-Gruppe) an. Die Ergebnisse der Tagung sollen in einem Themenband mit pointierten Kurzbeiträgen veröffentlicht werden.

 ↓ Teilnahme kostenlos nach Anmeldung

Die Tagung findet in Präsenz an der Universität Siegen statt. Eine Zuschaltung via Videokonferenz zu ausgewählten Vorträgen (Markierung im Programm folgt noch) ist möglich. Bitte melden Sie sich in jedem Fall an.

Tagungsprogramm

01.02.2023
Ab 12:00 Anreise und Aufbau der Posterstände
13:00 – 13:30 Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema: Zum Alltag der Politischen Kommunikation
Prof. Dr. Friedemann Vogel, Siegen
13:30 – 14:45

Politische Kommunikation zwischen kritischer Analyse und Mobilisierung von Beschäftigten im Gesundheitswesen
Dr. Nadja Rakowitz, Verein demokratischer Ärzt*innen
Moderation: Clemens Knobloch

14:45 – 15:15 Kaffeepause
15:15 – 16:45 Kommunikation in der Kommune – Praxis und Erfahrungen aus der kommunalpolitischen Bildung
Katharina Weise, Berlin
Moderation: Benjamin Bäumer
„Wir bemühen uns, sie nicht alleine zu lassen“ – Zur Politisierung des Alltags in deutschen Kommunen am Beispiel des Vereinswesens
Viviane Börner und Vanessa Breitkopf, Siegen
Moderation: Benjamin Bäumer
16:45 – 17:00 Kurze Kaffeepause
17:00 – 18:30 Demokratische Beteiligung im Alltag: Echte Partizipation oder Zumutung?
Runder Tisch und offene Diskussion mit Martin Hölz (Soziologe und Bürgermeister der Kleinstadt Hirschhorn/Hessen), Dr. Andrea Dittmann (Vorsitzende der Siegener Stiftung ‚Demokratie im Alltag‘), Hans-Friedrich Schaeder (langjähriger Personalratsvorsitzender der Universität Siegen) und Prof. Dr. Britt-Marie Schuster (Diskursforscherin an der Universität Paderborn). 
Moderation: Prof. Dr. Clemens Knobloch
 02.02.2023
09:00 – 10:30 Punk ist kein Genre, sondern eine Subkultur“: Positionierung(en) als politische Selbstermächtigung(en) am Beispiel der Sexismus-Debatte in der Punkszene in Deutschland
Phillip Neumair M.A., Düsseldorf
Moderation: Joline Schmallenbach
The Kids Are Alright (Not Neutral) – Der semantische Kampf um die „Neutralität“ der Jugendbildung
Jana Sämann M.A., Siegen
Moderation: Joline Schmallenbach
10:30 – 11:00 Kaffeepause
11:00 – 12:30 „Ich bin ein Meisterwerk Gottes! Smart, sexy und schwul“ – zur sprachlichen Sichtbarmachung queerer Menschen in Gottesdiensten
Jonas Trochemowitz M.A., Bremen
Moderation: Vanessa Breitkopf
„Klimawandel geht uns alle an“ – das Individuum im Klimadiskurs
Prof. Dr. Antje Wilton, Berlin
Moderation: Vanessa Breitkopf
12:30 – 13:30 Mittagessen in der Mensa (Selbstzahler)
13:30 – 15:00 Die Sprache des Krieges als Alltagssprache
Prof. Dr. Khrystyna Dyakiv, Lwiw/Ukraine
Moderation: Friedemann Vogel
Politisierung durch strategische Kommunikation in gefährlichen Kontexten
Dr. Olga Galanova, Bochum
Moderation: Friedemann Vogel
15:00 – 16:30

Poster-Präsentation und Kaffeepause

  • Gesprächsgarten zur Corona-Krise: argumentieren, erzählen, verhandeln und sich orientieren. Ein Projekt zum Diskurs im öffentlichen Raum (Eva Maria Gauß, Marburg)
  • Die diskursive Identitätskonstruktion in Ostbelgien – eine linguistische und diskurshistorische Analyse der sprachlichen und kommunikativen Muster in der kommunalpolitischen Kommunikation einer Grenzregion (Niklas Stenzel, Siegen/Olpe)
  • Von der „Mohrenstraße“ zur „Möhrenstraße“ – die Linguistic Landscape transgressiver Zeichen einer stark diskutierten Straße in Berlin Mitte (Lisa Gerhardt, Thiemo Simstich, Andreas Spreitzer, Siegen)
  • Politische Zeichen im universitären Raum – Sichtbarkeit politischer Kommunikation des Protests und ihrer Bedingungen (Anno Dallmann, Michelle Stumpf, Anna-Katharina Wolff, Siegen)
  • Politische Kommunikation auf öffentlichen Toiletten (Linda Baunack, Katharina Buhr, Siegen)
  • KlimaAufkleber (Christin Kölsch, Caroline Fikus, Julia Heine, Siegen)
  • Linguistic Landscape zu politischer Kommunikation auf öffentlichen Toiletten zu den Themen Klima und Antifaschismus im Kontext von Mehrsprachigkeit (Alexandru Buta, Constanze Graaf, Siegen)
  • Zeichen der politischen Kommunikation im Alltag: Inwiefern werden politische Botschaften in Form von Stickern am Bahnhof Berlin Warschauer Straße verbreitet? (Antonia Fischer, Carmen Joksch, Sherin Schreiber, Siegen)
  • Politische Kommunikation auf Instagram (Susanne Slim, Anna Wissmüller, Anne Graaf, Berlin)
  • Politische Influencer:innen auf Twitter (Joshua Wölbern, Johannes Schirrmeister, Pablo Burbano Cifuentes, Berlin)
  • Dialogizität im öffentlichen Raum am Beispiel rechter und linker Gruppierungen (Annabell Schütze, Rabea Gottwald, Anton Spevak, Paddy Lehleiter, Berlin)
  • Populistische Rhetorik im öffentlichen Raum (Jael Keck, Lilly Moeske, Jos Brüll, Ketevan Kopaliani, Berlin)
  • Grade der politischen Aufladung transgressiver Zeichen im öffentlichen Raum (Nils Wein, Nicolai Njike, Jessica Melilli, Ivy-Elaine Krannich, Berlin)
16:30 – 17:30 Die Deformation sozialer Räume durch ihre Virtualisierung
Dr. Guido Arnold, Duisburg
Moderation: Fabian Deus
Ab 18:30 Gemeinsames Abendessen in der Stadt im Restaurant Pane e Vino (Kostenübernahme für ReferentInnen; Nicht-ReferentInnen als Selbstzahler und mit vorheriger Anmeldung)
03.02.2023
09:00 – 10:30 „Die Kehre“. Eine Umweltschutz-Zeitschrift im Dienst der AfD? Überlegungen zu einer ökologischen Intervention aus der Neuen Rechten
Dr. Thomas Wagner, Berlin
Moderation: Felix Tripps
Zwischen Deliberation und Radikalisierung: Verhandlung inziviler Kategorien in einer reaktanten Telegramgruppe
Dr. Maximilian Krug, Essen
Moderation: Felix Tripps
10:30 – 11:00 Kaffeepause
11:00 – 11:45 Semantische Aneignung – Zur (un)bewussten Verschiebung alltäglicher politischer Lexik durch rechte Akteure
Dr. Fabian Deus, Siegen
Moderation: Benjamin Bäumer
11:45 – 13.00 Abschlussdiskussion und Resümee
Moderation: Prof. Dr. Friedemann Vogel, Siegen
Gegen 13:00 Ende der Tagung

 Teilnahme und Anmeldung

  • Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Wir bitten aber ProfessorInnen sowie Festangestellte um eine Spende in die Kaffeepausen-Kasse (nach Ermessen).
  • Da die Plätze der Präsenztagung beschränkt sind und die Kaffeepausen kalkuliert werden müssen, bitten wir bei Teilnahmeinteresse um eine Anmeldung bis spätestens 20.01.2023 via Mail an eva.kampschulte@uni-siegen.de.
  • Sofern die ReferentInnen zustimmen (eine Abstimmung hierzu erfolgt derzeit), werden die Vorträge auch über eine Zoom-Videkonferenz gestreamt; ein Zugang zu dieser Videokonferenz ist ausschließlich nach Anmeldung möglich (bitte im Betreff: „Videokonferenz“ angeben). Die Zugangsdaten werden kurz vor der Tagung via Mail verschickt. Die gestreamten Vorträge werden im Programm markiert.
  • ZuhörerInnen des Runden Tisches (Podiumsdiskussion am Abend des 01.02.) sind auch ohne Anmeldung herzlich willkommen. Eine Übertragung der Podiumsdiskussion über das Internet findet nicht statt.

Still open: Call for Posters

Auch nach Fertigstellung des Programms ist es noch möglich, auch kurzfristig einen Beitrag zur offenen Posterpräsentation (am 02.02.) beizusteuern. Bitte wenden Sie sich hierfür an die Tagungsorganisation (unten).

 Tagungsort

Tagungsorganisation

Die Tagung wird ausgerichtet von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention (https://diskursmonitor.de) in Kooperation mit der Siegener Forschungsgruppe Computergestützte Sozio- und Diskurslinguistik (https://diskurslinguistik.net).

Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Friedemann Vogel
Universität Siegen / Germanistisches Seminar / Hölderlinstraße 3 / 57068 Siegen
Mailadresse: friedemann.vogel@uni-siegen.de