Das DiskursGlossar ist ein Online-Lexikon zur strategischen Kommunikation. Auf Basis aktueller Forschung bietet es kompakte und anschauliche Informationen zu Phänomenen diskursiver Kämpfe, wie wir sie in Medien, Politik, Recht und Zivilgesellschaft beobachten können. Das Glossar soll dazu beitragen, kommunikative Strategien in der öffentlichen Praxis besser zu erkennen, zu bezeichnen und zu kritisieren.
Konzept
Zweck des DiskursGlossars ist die Erfassung, Systematisierung und Aufbereitung verschiedener diskursiv wirksamer Formen und Praktiken strategischer Kommunikation. Hierzu wurde (und wird) durch die DiMo-Gruppe die Essenz der Forschung in verschiedenen Fachdisziplinen gesichtet und auch die breitere Öffentlichkeit aufbereitet: Der Ertrag der Diskursforschung soll so besonders all denjenigen zugänglich gemacht werden, die mit den verschiedenen Formen strategischer Kommunikation konfrontiert sind: Journalistinnen, Mitarbeiter in NGOs, Politikerinnen, Lehrer. Ziel dabei ist es insbesondere, durch ein besseres Verständnis der bestehenden Kommunikationsstrukturen bewussteres und zielführenderes Handeln zu ermöglichen – und so zu demokratischen Diskursformen beizutragen.
Dabei wurde versucht, die teilweise unterschiedlichen Sprachregelungen für identische oder ähnliche Konzepte bzw. Sachverhalte in einem Schema zusammenzuführen. Als Lemma wurde in diesen Fällen diejenige Form gewählt, die in den Diskursen am etabliertesten und einschlägigsten erscheint, nicht zwangsläufig die in der Forschung etablierte. Aus der Diskussion dieser Lemmalisten heraus wurden vier wesentliche Kategorien und damit einhergehend auch vier verschiedene Artikeltypen entwickelt:
- Die wissenschaftlichen Grundbegriffe der strategischen Kommunikation sind solche Begriffe, die für ein Verständnis des ‚Funktionierens‘ strategischer Kommunikation unerlässlich sind und damit sowohl in der Forschungsliteratur als auch in diesem Glossar regelmäßig in anderen Artikeltypen als analytische Beschreibungsbegriffe herangezogen werden: z.B. Diskurs, strategische Kommunikation, Deontik, Inszenierung, Ideologie, Interpretation, Macht, Wissen.
- Lemmata des zweiten Artikeltyps bezeichnen sprachlich-semiotische Techniken und Praktiken als politisch-kommunikative Handlungsprogramme, die spezifische diskurssemantische Ziele verfolgen, z.B.: Adbusting als Technik der Guerillakommunikation; der Einsatz von Stigmawörtern oder die Verleihung eines Schmähpreises zur Degradierung von konkurrierenden Diskurspositionen; Kampagnen und Propaganda als komplexe arbeitsteilige Techniken usw. Diese Techniken zielen letztlich immer auf diskurssemantische Verschiebungen (siehe unten).
- Da dem Einsatz von Schlagwörtern eine zentrale Rolle in der strategischen Kommunikation zukommt, werden in einer Unterkategorie diejenigen Schlagwörter erfasst und beschrieben, für die folgende Kriterien gelten: sie müssen erstens eine Relevanz für die gegenwärtige politische bzw. strategische Kommunikation haben, zweitens aber nicht nur auf tagesaktuelle Kontexte, einzelne, spezielle Domänen oder exklusive Sprechergruppen beschränkt sein (das heißt, es sollte bereits eine Konventionalisierung ihres Gebrauchs eingesetzt haben und eine domänen- bzw. akteursübergreifende Funktion erfüllen); drittens sollen bestenfalls bereits einschlägige Forschungsbeiträge vorhanden sein. Die gilt zum Beispiel für Schlagwörter wie Innovation, Multikulti, Ökonomisierung, Elite oder Agendasetting.
- Wir behandeln nicht nur, aber schwerpunktmäßig Schlagwörter mittlerer Reichweite: Damit sind Ausdrücke gemeint, die (bisher) nicht im Aufmerksamkeitsfokus der politischen Auseinandersetzung stehen, sondern vielmehr hierbei gewohnheitsmäßig verwendet werden. Derartige Ausdrücke werden nicht oder selten thematisiert (anders als ausgewiesene Kampfvokabeln wie Lügenpresse, Gutmensch oder politisch-korrekt) und sind üblicherweise nicht theoretisch fixiert (anders als die großen politischen Leitbegriffe des 20. Jahrhunderts wie Freiheit, Fortschritt und Demokratie). Gerade durch dieses Fehlen metasprachlicher Reflexion erlauben Ausdrücke wie Privileg, Ranking oder Verbot(-spartei) einen erhellenden Blick auf die semantische Tiefenstruktur der gegenwärtigen Diskurse und können gleichzeitig umso effektiver als Werkzeuge in semantischen Kämpfen zum Einsatz kommen.
- Lemmata des dritten Artikeltyps bezeichnen diskurssemantische Verschiebungen, Ziele und Effekte strategischer Kommunikation. Es handelt sich um Rekonfigurationen (Umstrukturierungen) von Diskursen, das heißt um musterhafte Änderungen in Wissens- und Handlungsschemata größerer Bevölkerungsgruppen als Ziel von strategisch eingesetzten Techniken und Praktiken. Hierzu gehören etwa diskurssemantische Verschiebungen wie die Moralisierung oder Banalisierung des Sprechens über einen Sachverhalt, die Konsensualisierung eines sonst umstrittenen Themas, die Infantilisierung, Kriminalisierung oder Sexualisierung einer Personengruppe.
- Der vierte Artikeltyp versammelt Lemmata zur Bezeichnung von Diskurskonstellationen: diskursive Formationen und Verhältnisse, das heißt musterhafte Ensembles aus Akteuren, strategischen Kommunikationsformen (Techniken, Praktiken, diskurssemantische Verschiebungen), Themen und Zielen: Krise und Skandal, stabile oder instabile Hegemonie, die Unterscheidung von etablierten und ‚alternativen‘ Medien.
Mitarbeit beim DiskursGlossar
Das DiskursGlossar ist ein gemeinschaftlich erarbeitetes Projekt von Forscherinnen und Forschern aus unterschiedlichen Disziplinen, die sich mit Phänomenen der strategischen Kommunikation beschäftigen. Mitarbeit am Glossar ist daher immer möglich und willkommen. Lemma und Themen, die wir gerne behandeln möchten, die aber (noch) keine Bearbeiterin oder Bearbeiter gefunden haben, sind auf der Übersichtsseite aufgelistet. Wir sind aber auch für neue Vorschläge offen! Auch wenn Sie eine geeignete Autorin oder einen Autor für einen Beitrag vorschlagen möchten, freuen wir uns über eine Mail.
Ansprechpartner der Redaktion
Prof. Dr. Friedemann Vogel: diskursmonitor@uni-siegen.de
Suchmaschinenoptimierung
Durch Suchmaschinenoptimierung (search engine optimization; SEO) wird versucht, Webseiten so zu verändern, dass sie von Suchmaschinen als besonders relevant betrachtet und entsprechend hoch in den Suchergebnissen gelistet werden.
Search Engine Advertising
Als Search Engine Advertising wird die Werbung auf den Ergebnisseiten von Suchmaschinen bezeichnet. Besondere Merkmale dieser Werbeform sind, dass die Anzeigen kontextbasiert sind und in Textform dargestellt werden.
Gamification
Gamification verknüpft den menschlichen Spieltrieb und Entertainment mit persuasiven Organisationszielen (z.B. die Einstellungsänderung von Stakeholdern zu relevanten Themen oder Produkten), die in den Algorithmen digitaler Applikationen (z.B. Websites, Apps) ihren Ausdruck finden.
Politische Kommunikation
Politische Kommunikation findet überall dort statt, wo Menschen als Teil von sozialen Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen aufeinandertreffen und über das einzelne Individuum hinaus geltende Regeln des Zusammenlebens aushandeln.
Organizing
Unter Organizing versteht man ein Bündel von Praktiken, die zur gewerkschaftlichen oder politischen Organisierung bzw. Mobilisierung dienen. Beim methodisch reflektierten Organizing spielen Recherche, Strategieentwicklung, mehr oder minder standardisierte 1:1-Gespräche, Mapping (Erstellung einer Übersicht der Beteiligten im Betrieb oder sonstigen Aktionsfeld) und einiges mehr eine Rolle.
Respekt
Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.
Affirmation
Im sprachwissenschaftlichen Sinne bezeichnet Affirmation die Behauptung oder Bejahung einer Aussage. Die affirmative Form eines Wortes oder Satzes ist das Gegenteil zur Verneinung (Negation).
Topos
Ein Topos (Plural: Topoi) ist als ein Argumentationsmuster ein allgemeines Formprinzip, nach dem Argumente gebildet werden können. Als allgemeiner, formaler bzw. kontextabstrakter Topos kann er für oder gegen jede in Frage stehende Position angeführt werden. Topoi gehören zum kollektiven Wissen aller, die sich argumentativ äußern.
Bedeutung
Der Ausdruck Bedeutung wird sowohl in der Alltagssprache als auch in der Fachsprache nicht einheitlich verwendet. Alltagssprachlich wird auf die Bedeutung von etwas – zum Beispiel einem Wort, Gegenstand oder Gesichtsausdruck – verwiesen, wenn dessen Status in der Welt unklar ist (‚was bedeutet es, dass X‘) oder seine Wichtigkeit hervorgehoben werden soll (‚X ist bedeutend‘).
Autoritäts-Topos
So wird – angelehnt an formallogische Darstellungen von Argumentationen (Oberprämisse plus Unterprämisse ergeben die Konklusion) – mit Bezug oder unter Berufung auf Autoritäten, oft auf Wissenschaftlerinnen/Experten in politischen Debatten häufig argumentiert, in diesem Fall bezüglich der Richtigkeit/Angemessenheit einer Bewertung.