DiskursGlossar

Plagiat/Plagiarismus

Kategorie: Schlagwörter
Verwandte Ausdrücke: Abschreiben, Kopie, Nachahmung, Aneignung, Fälschung, Diebstahl geistigen Eigentums, Produktpiraterie, Urheberrechtsverletzung
Siehe auch: Moralisierung, Skandal
Autor: Tony Franzky
Version: 1.1 / Datum: 02.01.2023

Kurzzusammenfassung

Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.

Das Schlagwort Plagiarismus tritt in Verbindung mit allen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen auf, bei denen kreative, innovative oder schöpferische Leistung relevant erscheinen: etwa Musik, Kunst, Literatur, Design, Wirtschaft, Wissenschaft, Architektur, Film. Beim Plagiatsvorwurf wird z.B. versucht, eine mögliche mangelnde Originalität und Werkauthentizität als Makel zu konstruieren und urhebenden Personen Unaufrichtigkeit und absichtsvolles Handeln in zuweilen betrügerischer Absicht zu unterstellen (vgl. Fälschungsbegriff bei Doll 2012: 39 ff.). Einhergehend damit wird zudem eine generelle Minderwertigkeit, Unzulässigkeit oder Qualitätslosigkeit des Werkes selbst angenommen (beruhend auf etwa mangelnder Eigenleistung).

Personen, die in Verbindung mit Plagiarismus gebracht werden, erleiden häufig einen Imageverlust, in der Art, dass deren Vertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Leistungsfähigkeit, Innovationskraft, Schöpfungsreichtum, Können oder Authentizität infrage steht. Prototypisch sind hier vor allem Plagiatsfälle von Politiker:innen.

Erweiterte Begriffsklärung

Im eigentlichen Sinne handelt es sich bei Plagiarismus um eine intermediale Bezug-, Übernahme- oder Anleihestrategie, die als unzulässig angesehen wird. Speziell im akademischen Umfeld zählt die Übernahme von Inhalten ohne ausreichende Referenzierung (Plagiarism), neben der Manipulation von Forschung (Falsification) und der Erfindung von Forschungsdaten (Fabrication) zu Fehlverhalten (Research Misconduct) im Forschungsprozess (sogenannte FFP-Definition; ausführlicher in Roig 2016: 656 f.).

Worin die Unzulänglichkeit dieser Bezugnahmestrategie konkret begründet liegt, ist oft einzelfallabhängig und unterscheidet sich domänenspezifisch sehr stark. Plagiarismus ist dabei kein Rechtsbegriff, weswegen juristisch meist umliegende Felder wie Arbeitsrecht, Eidesstattliche Versicherungen, Urheber- oder Leistungsrecht oder Prüfungsrecht zur Sanktionierung bemüht werden. Umso interessanter ist daher, dass vor allem moralische Aspekte im Diskus aufgegriffen werden, welche bis zur Diskreditierung reichen.

Mit Blick auf die historische Begriffsgenese wird oft das Epigramm 1.52 des römischen Dichters Martial angeführt. Letzterer wirft einem Zeitgenossen vor, Martials Gedichte unter eigenem Namen vorzutragen. Er unterstellt ihm dabei ein „plagium“. Plagium geht dabei auf einen römischen Rechtsbegriff des ,Menschenraubs‘ und Wiederverkaufs von freigelassenen Sklaven zurück. Die metaphorische Bedeutung für Aneignung von Worten und Ideen verschwindet nach Martial und findet sich nur selektiv in spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Quellen wieder. Erst im Zuge der Verbreitung des Buchdrucks und der damit verbundenen Notwendigkeit der Regulierung von Nachdrucksrechten lebt der Begriff in diesem Kontext wieder auf. Damit einher geht auch eine Weiterentwicklung des geistigen Eigentumsbegriffs (interlectual property).

Der Plagiatsbegriff ist jedoch historisch und transkulturell betrachtet weder einheitlich noch besitzt er einen domänenübergreifenden Geltungsanspruch. In aktuellen zentraleuropäischen, eher individualistisch geprägten Gesellschaften lässt sich vor allem konstatieren, dass bei der Bewertung von referentiellen Verfahren als Plagiat Aspekte wie Originalität, Autor:innenschaft, intellektuelle Einzigartigkeit, Wiedererkennbarkeit und Formathaftigkeit eines Schaffenswerkes im Verhältnis zueinander stehen. Entsprechend können, wie bereits angedeutet, Plagiatsvorwürfe als Angriff auf Integrität, Kreativität, Intellektualität, Individualität, Authentizität oder Produktwertigkeit verstanden werden.

Eine Beschleunigung in der Bedeutungsänderung und Bewertung referenzieller Verfahren liegt in der Digitalisierung. Diese ermöglichte zudem eine Vereinfachung von Kulturtechniken der Verbreitung, Vervielfältigung und Zugänglichmachung von Inhalten. Dadurch werden auch regelmäßig digitale Objekte hinsichtlich ihrer materiellen Bedeutung und Bewertung infrage gestellt. Dies lässt zum einen den Eigentumsbegriff für geistige Schaffenswerke stärker verschwimmen, zum anderen ändert und erweitert sich die Praxis referenzieller Verfahren sehr stark. So lässt sich gerade das Web 2.0 in seiner inhaltlichen Bedeutung nicht ohne verlinken, sharen oder andere Praktiken der Bezugnahme und Vervielfältigung denken. Gleichzeitig entstehen mehr und mehr Orientierungssysteme, um innerhalb der wachsenden Datenmengen den Überblick zu behalten. Dies wiederum begünstigt auch die Suche nach Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten von Inhalten, welche aufgrund mangelnder Technologien zu früheren Zeitpunkten nicht möglich gewesen wären.

Es finden sich gleichwohl von der frühen Neuzeit bis zur Moderne eine Vielzahl von Fällen (möglichen) Plagiarismus, besonders in Literatur und Wissenschaft. Bekannte Diskussionen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entfachten sich beispielsweise an Bertolt Brecht, Thomas Mann oder der sogenannten Celan-Goll-Affäre.

In den frühen 1990er Jahren wird der Begriff Plagiarismus in öffentlichen Diskursen vorwiegend in Bereichen der Wirtschaft oder der Musik genutzt und ist dabei auch meist Synonym zu Begriffen wie Produktpiraterie oder Designdiebstahl. Das Interesse an Plagiatsfällen im akademischen Kontext rückt verstärkt erst seit 2011 mit Guttenberg in den Fokus und erschöpft sich häufig in Fällen von Personen der politischen Öffentlichkeit oder des universitären und wissenschaftlichen Kontextes. Je nach Fall zeigen sich Skandalisierungsmeachanismen bei Plagiatsvorwürfen speziell bei Politiker:innen als unterschiedlich wirksam (siehe Beispiele). Die Gründe hierfür sind nicht ausschöpfend geklärt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass gerade das Agieren eines Akteurs/einer Akteurin im Diskurs entscheidend dafür ist, ob unterliegende implizite Vorwürfe den moralisierenden Aspekt eines Diskurses bestärken oder nicht. So scheinen etwa vorangegangene Inszenierung von moralischen Hochwertattributen einer Person die Wahrscheinlichkeit einer Skandalisierung zusätzlich zu erhöhen.

Seit den 2000er Jahren wird in diesem Zusammenhang auch des Öfteren von Plagiatsjäger:innen gesprochen. Der Begriff ist dahingehend irreführend, da es ein recht diverses Feld von Personen gibt, welche sich mit dem Thema Plagiarismusaufdeckung beschäftigen. Zum einen finden sich gerade in Bereichen der juristischen Durchsetzung von Leistungsrechten eine Vielzahl von Sachverständigen, welche etwa spezialisiert sind auf Musik, Industriedesign oder Markenrechte. Auch gibt es an diversen Universitäten (zum Teil anlassbezogen) Personen und Gremien, welche sich mit Themen akademischer Integrität und damit verbundener Prüfung von möglichen Verstößen beschäftigen. Diese werden jedoch in der Regel nicht als Plagiatsjäger:innen bezeichnet. Stattdessen wird der Begriff nahezu exklusiv für Personen verwendet, welche größtenteils eigeninitiativ Verdachtsfälle von akademischem Plagiarismus prüfen. Eine sehr bekannte Plattform dafür ist Vroniplag, welche seit 2011 existiert. Die Zahl des dort aktiven Personenkreises ist jedoch überschaubar. Auf der Plattform selbst waren zu Hochzeiten mehrere 100 Personen aktiv, die Zahl der konstant Mitarbeitenden beschränkt sich jedoch nur auf ca. ein Dutzend (Zenthöfer 2022: 76 f.). Der große Teil der Nutzer:innen wird anonym im Diskurs aufgegriffen. Ihm werden zuweilen mögliche verdeckte Absichten oder politische Motive unterstellt. Ferner gibt es eine geringe Zahl kommerziell tätiger Plagiatssachverständiger, welche ihre Dienste hauptberuflich anbieten. Zu diesen zählen etwa Martin Heidingsfelder und Stefan Weber, die maßgeblich den Diskurs um Plagiate in Büchern der Kanzlerkandidat:innen während der Bundestagswahl 2021 angestoßen haben.

Beispiele

(1) Der Plagiatsfall Guttenberg wurde durch einen Artikel von Roland Preuß in der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel Summa cum laude? – „Mehr als schmeichelhaft vom 16.02.2011 initialisiert. Dieser berichtete, wenig systematisch, über mehrere Textübereinstimmungen in der ersten Dissertation von zu Guttenberg, die bei der Recherche des Juraprofessors Andreas Fischer-Lescano für eine Rezension aufgefallen waren. Die Rezension, welche später in der Zeitschrift Kritische Justiz publiziert wurde, wurde am gleichen Tag als Vorabversion veröffentlicht. In dieser schrieb Fischer-Lescano außerdem, dass er aufgrund der Arbeitsweise auch den Prüfungsausschuss der Universität Bayreuth informiert habe. Auffällige Stellen hatte er in Tabellenform gegenübergestellt. Guttenberg nahm an diesem Tag bereits Stellung und bezeichnete die Vorwürfe als „abstrus“. Einzelfehler, die zweifellos passiert sein können, würde er bei einer Neuauflage korrigieren. Des Weiteren unterstrich er, dass es sich bei seiner Arbeit um eine selbstständige eigene Leistung handele. Auch Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle nannte diesen Vorwurf „absurd“. Das Verteidigungsministerium teilte mit, der Minister sehe einer Prüfung seitens der Universität Bayreuth mit „großer Gelassenheit entgegen“. Am selben Tag wies FAZ.NET auf weitere Plagiats-Fundstellen aus einem Artikel der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig hin. Am Folgetag reiste Guttenberg nach Afghanistan für einen spontanen Truppenbesuch und Unbekannte initiierten Guttenplag als Wiki zur arbeitsteiligen Recherche und Dokumentation der fragwürdigen Dissertation. Guttenplag wurde in Folge eine zentrale Referenzplattform für Medienvertreter:innen, um den Fortgang der Untersuchung öffentlich zu verfolgen. Am 18.02.2011 gab Guttenberg ein weiteres eher improvisiertes Pressestatement parallel zur Bundespressekonferenz vor einer eher kleinen Gruppe mehrheitlicher Fernsehjournalist:innen ab. In diesem gestand er reumütig Fehler ein und warb um Verständnis für die schwierigen Arbeitsbedingungen als Vater und Abgeordneter. Zudem kündigte er an, den Doktortitel bis auf Weiteres nicht zu führen (vgl. zur Chronologie: Kepplinger 2012: 154).

Hier ist festzuhalten, dass in der Folge die gesamte argumentative Linie Guttenbergs weiteren Prüfungen nicht standhielt. Außerdem konnte weiteres Fehlverhalten medial skandalisiert werden: Am 19.02.2011 wurde über verschiedene Nachrichtenagenturen bekannt, dass Guttenberg möglicherweise auch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in Anspruch genommen habe, ohne dass dies im Rahmen seiner Abgeordnetentätigkeit gedeckt gewesen sei. Am 21.02.2011 erschien auf Guttenplag der erste Zwischenbericht, der mehr als 200 fragliche Stellen aufzeigte und auch das fehlerhafte Vorgehen bei Guttenbergs intertextueller Bezugnahme als absichtsvoll und plagiierend bewertete. Vor diesem Hintergrund wurde Guttenbergs Truppenbesuch medial als Ablenkung und bisherige Statements als Ausreden oder Unwahrheiten wahrgenommen (Kepplinger 2012: 154). Auch die improvisierte Pressekonferenz konnte als Versuch gedeutet werden, die mediale Aufmerksamkeit möglichst gering zu halten. Im Zuge dessen nahm die Kritik an Guttenberg weiter zu und uferte beispielsweise auch in abwertenden Zuschreibungen wie Betrüger, Lügenbaron oder Selbst-Verteidigungsminister aus. Zeitgleich nahm die Beliebtheit Guttenbergs bei Umfragen ab. Mit der Veröffentlichung des 2. Zwischenberichts am 01.03.2011 auf Guttenplag konstatiert die dortige Community 82 % plagiierte Inhalte. Am selben Tag trat Guttenberg als Minister zurück.

Der Fall steht dabei prototypisch für Plagiate bei Politiker:innen. So wurde in der deutschen Presse über keinen Plagiatsfall umfassender berichtet als bei Karl Theodor zu Guttenberg. Mutmaßlich auch, weil Guttenbergs öffentlich inszeniertes Image stark auf moralischer Integrität und Sitte ausgerichtet war. Dadurch stellte die Berichterstattung ein Musterbeispiel für Skandalisierung dar und läutete eine Reihe von Debatten um Schriftwerke von Politiker:innen ein. Es folgten in diesem Kontext weitere (zum Teil auch haltlose) Verdachtsfälle, wie beispielsweise gegen Silvia Koch-Mehrin, Bijan Djir-Sarai, Jorgo Chatzimarkakis, Matthias Pröfrock, Uwe Brinkmann, Bernd Althusmann, Roland Wöller, Patrick Sensburg (alle 2011), Anette Schavan (2012), Norbert Lammert, Frank-Walter Steinmeier, Daniel Volk, Jakob Kreidl (alle 2013), Ursula von der Leyen (2016), Frank Steffel (2019), Franziska Giffey (2021), Diana Kinnert (2022).

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Abb. 1: Screenshot Schlagzeile: Lügenbaron, jetzt mit Brief und Siegel. Florian Güßgen auf Stern.de vom 06.05.2011.

(2) Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 wurden gegen die Spitzenkandidat:innen Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) verschiedene Plagiatsvorwürfe laut. Alle drei wurden von kommerziellen Plagiatsgutachtern formuliert. So äußerte Stefan Weber am 01.07.2021 auf seinem Blog den Verdacht, ein Abschnitt in Teilen aus Baerbocks Buch Jetzt. Wie wir unser Land erneuern (erschienen am 21.06.2021) stamme aus einem Interview der taz mit Maja Göpel vom 01.11.2020. Es folgten weitere Blogbeiträge mit kritischen Stellen. Etwa einen Monat nach den ersten Vorwürfen gegen Baerbock folgte am 30.07.2021 die Vermutung des ebenfalls kommerziell agierenden Plagiatsgutachters Martin Heidingsfelder, dass Armin Laschets Buch Die Aufsteigerrepublik ebenfalls nicht gekennzeichnetes Textmaterial enthalten würde. Heidingsfelder selbst zählte zum Gründerkreis von Guttenplag und Vroniplag, wurde jedoch nach Differenzen von der Plattform ausgeschlossen. Stefan Weber schloß dies zunächst aus, untersuchte aber infolgedessen das Laschet-Buch ebenso wie das Buch Hoffnungsland. Eine neue deutsche Wirklichkeit von Olaf Scholz. Am 13.09.2021 veröffentlichte Weber einen 57-seitigen Abschlussbericht zu Baerbocks Sachbuch, in dem er 100 Stellen dokumentiert, die plagiiert sein sollen. Außerdem äußerte er den Verdacht, es gebe möglicherweise eine Vielzahl weiterer Verdachtsstellen. Er publizierte zwei Prüfberichte für die Werke von Scholz und Laschet mit drei bzw. 17 fragwürdigen Stellen.

Besonders bei Annalena Baerbock blieb zwischenzeitlich ein Plagiatsverdacht haften, flankiert durch den Vorwurf, ihr Lebenslauf weise Unregelmäßigkeiten auf und sie habe Nebeneinkünfte erst später nachgemeldet. Die öffentliche Debatte im Wahlkampfkontext zeigt typische Merkmale eines Skandalisierungsversuchs, der stark von politischen Kontrahenten (vornehmlich von den Unionsparteien) befeuert wurde (siehe auch negative Campaining). Ziel war, Baerbock mangelnde Verlässlichkeit und Integrität zu attestieren, der Plagiatsvorwurf ließ sich hierzu gut instrumentalisieren. Ähnlich wie Guttenberg wies Baerbock am Tag der ersten Vorwürfe möglichen Plagiarismus zunächst zurück. Ihre Partei sprach sogar von Rufschädigung und ließen über einen Medienanwalt mitteilen, dass keine Urheberrechtsverletzung erkennbar sei. Baerbock verwies darauf, es handle sich um kein Sachbuch, sondern eine politische Schrift zu Klärung der eigenen Agenda. Fußnoten mit Quellennachweisen seien daher unnötig. Am 07.07.2021 räumte sie in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung jedoch Fehler ein und kündigte eine Korrektur bei Neuauflage an. Nach der Bundestagswahl, am 18.11.2011, gab der Verlag bekannt, Baerbock habe den Verkauf gestoppt und derzeit keine zeitlichen Kapazitäten für die Einarbeitung der fehlenden Quellen.

Literatur

Zum Weiterlesen

  • Aspetsberger, Friedbert (Hrsg.) (2008): Beim Fremdgehen erwischt! Zu Plagiat und „Abkupfern“ in den Künsten und Wissenschaften; was sonst ist Bildung? Innsbruck; Wien [u. a.]: Studien Verlag.
  • Goltschnigg, Dietmar et al. (Hrsg.) (2013): Plagiat, Fälschung, Urheberrecht im interdisziplinären Blickfeld. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Zitierte Literatur

  • Roig, Miguel (2016): Recycling Our Own Work in the Digital Age. In: Bretag, Tracey (Hrsg.) (2016): Handbook of academic integrity. With 42 figures and 23 tables. 1st ed. S. 655-669
  • Doll, Martin (2012): Fälschung und Fake. Zur diskurskritischen Dimension des Täuschens. Berlin: Kulturverlag Kadmos.
  • GuttenPlag Website: GuttenPlag Wiki – kollaborative Plagiatsdokumentation. Online unter: https://guttenplag.fandom.com/de/wiki/GuttenPlag_Wiki  ; Zugriff: 24.12.2022.
  • Kepplinger, Hans Mathias (2012): Die Mechanismen der Skandalisierung: zu Guttenberg, Kachelmann, Sarrazin & Co.: Warum einige öffentlich untergehen – und andere nicht. München: OLZOG Verlag.
  • Süddeutschen Zeitung (2011): Summa cum laude? – „Mehr als schmeichelhaft“. Online unter: https://www.sueddeutsche.de/politik/guttenbergs-doktorarbeit-summa-cum-laude-mehr-als-schmeichel-haft-1.1060779 ; Zugriff: 15.12.2022.
  • Zenthöfer, Jochen (2022): Plagiate in der Wissenschaft. Wie »VroniPlag Wiki« Betrug in Doktorarbeiten aufdeckt. Bielefeld: transcript Verlag

Abbildungsverzeichnis

Zitiervorschlag

Franzky, Tony (2022): Plagiat/Plagiarismus. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 02.01.2022. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/plagiat-plagiarismus.

DiskursGlossar

Grundbegriffe

Diskurskompetenz

Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.

Agenda Setting

Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.

Medien

Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.

Macht

Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.

Normalismus

Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.

Wissen

Kollektives Wissen von sozialen Gruppen ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel strategischer Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Es wird geprägt durch individuelle Erfahrung, aber auch in Diskursgemeinschaften kommunikativ geteilt – vor allem im Elternhaus, in Peergroups und Bildungseinrichtungen sowie durch Medienkonsum.

Werbung

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument von Unternehmen, das der Positionierung im Markt dient und je nach Situation des Unternehmens auf Einführung, Erhalt oder Ausbau von Marktanteilen und damit letztlich auf ökonomischen Gewinn abzielt.

Mediale Kontrolle

Medien werden vielfältig zur Durchsetzung von Macht verwendet. So in der Zensur, wenn eine politische Selektion des Sagbaren und des Unsagbaren stattfindet; in der Propaganda, wenn eine Bevölkerung von den Ansichten oder wenigstens der Macht einer bestimmten Gruppe überzeugt werden soll; oder in der Überwachung, die unerwünschtes Verhalten nicht nur beobachten, sondern unwahrscheinlich machen soll.

Freund- und Feind-Begriffe

Freund-, Gegner- und Feindbegriffe sind Teil der Politischen Kommunikation. Sie bilden die Pole eines breiten Spektrums von kommunikativen Zeichen, mit denen politische Akteure sich selbst und ihre politischen Gegner im Kampf um beschränkte Ressourcen auf dem diskursiven Schlachtfeld positionieren.

Sprachpolitik / Sprachenpolitik

Sprachpolitik bezeichnet allgemein alle politischen Prozesse, die auf eine Beeinflussung der Sprachverwendung in einer Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft abzielen. Unterschieden wird häufig zwischen Sprachenpolitik und Sprachpolitik im engeren Sinne.

Techniken

Offener Brief

Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.

Kommunikationsverweigerung

Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.

Flugblatt

Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.

Passivierung

Unter Passivierung versteht man die Formulierung eines Satzes in einer grammatischen Form des Passivs. Das Passiv ist gegenüber dem Aktiv durch die Verwendung von Hilfsverben formal komplexer. Seine Verwendung hat unter anderem zur Folge, dass handelnde Personen im Satz nicht genannt werden müssen, was beispielsweise in Gesetzestexten für eine (gewünschte) größtmögliche Abstraktion sorgt („Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Art. 3 GG).

Aufopferungs-Topos

Als Aufopferungs-Topos wird in der Diskursforschung ein Argumentationsmuster bezeichnet, das zwei strategische Funktionen erfüllen kann: einerseits kann es dazu dienen, mit der Behauptung eines besonderen Ressourceneinsatzes (z.B. Einsatz von Geld, Zeit oder emotionaler Belastung) einen hohen Achtungswert für eine Person, eine Sache bzw. für ein Ziel zu plausibilisieren. Andererseits können Akteure besondere Privilegien (wie z.B. Wertschätzung, Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte) reklamieren, wenn sie sich für eine bereits in der sozialen Bezugsgruppe hochgeschätzte Sache engagieren.

Opfer-Topos

Als Opfer-Topos bezeichnet man eine diskursive Argumentationsstrategie, bei der sich Akteure als ‚Opfer‘ gesellschaftlicher Urteilsbildung inszenieren und damit eigene Interessen – vor allem Aufmerksamkeit und Berücksichtigung von Bedürfnissen – geltend zu machen versuchen.

Analogie-Topos

Der Analogie-Topos zählt zu den allgemeinen bzw. kontextabstrakten Argumentationsmustern, die genutzt werden können, um für oder gegen eine Position zu argumentieren. Analogie-Topoi werden von verschiedenen Akteuren und Akteursgruppen strategisch eingesetzt, um eine zustimmende Haltung bei den Zielgruppen zu bewirken.

Topos der düsteren Zukunftsprognose

Der Topos der düsteren Zukunftsprognose beschreibt ein Argumentationsmuster, bei dem eine negative, dystopische Zukunft prognostiziert wird. Dabei wird auf die drohenden Folgen einer Krise oder einer allgemeinen Gefahr verwiesen, aus der eine negative Zukunft bei falschem Handeln resultieren wird.

Negativpreis

Ein Negativpreis ist eine Auszeichnung an Personen oder Organisationen (meist Unternehmen), die sich oder ihre Produkte positiv darstellen und vermarkten, ihre Versprechen aus Sicht des Preisverleihers allerdings nicht einhalten. Dabei dient der Preis durch seine Vergabe vor allem dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen, mediale Präsenz auf ein Thema zu lenken und den Preisträger in seinem moralischen Image zu beschädigen.

Be-/Überlastungs-Topos

Der Be-/Überlastungstopos ist ein Argumentationsmuster, das vorwiegend in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Als zu vermeidende Konsequenz einer konkreten Situation wird mit dem Be-/Überlastungstopos ein Be- bzw. Überlastungs-Szenario skizziert.

Schlagwörter

Verfassung

Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.

Toxizität / das Toxische

Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.

Zivilgesellschaft

Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.

Demokratie

Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.

Fake News

Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.

Antisemitismus

Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.

Grammatiknazi / Grammar Nazi

Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.

Respekt

Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.

Geschlechtergerechte Sprache

Mit dem heute als Fahnenwort gebrauchten Ausdruck geschlechtergerechte Sprache ist die Forderung verbunden, bei Personenbezeichnungen die einseitige, für diskriminierend erklärte Bezugnahme auf einen bestimmten Sexus, konkret: auf das männliche Geschlecht, zu unterlassen.

Verschiebungen

Ökonomisierung

Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren

Moralisierung

Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.

Konstellationen

Skandal

Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.

DiskursReview

Review-Artikel

Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023

Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...

Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)

Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?

Was ist ein Volk?

Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.

Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!

Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…