
DiskursGlossar
Remigration
Kategorie: Schlagwörter
Verwandte Ausdrücke: Rückwanderung, „Ausländer raus!“, ethnische Säuberung
Siehe auch: Schlagwort, Euphemismus, Radikalisierung, Links-Mitte-Rechts
Autor/in: Floris Biskamp
Version: 1.0 / Datum: 14.05.2025
Kurzzusammenfassung
Der Begriff Remigration hat zwei Verwendungsweisen. Zum einen wird er politisch neutral verwendet, um die Rückkehrwanderung von Emigrant:innen in ihr Herkunftsland zu bezeichnen; die meisten Verwendungen beziehen sich heute jedoch auf Rechtsaußendiskurse, wo das Wort der euphemistischen Umschreibung einer aggressiven Politik dient, mit der nicht ethnisch deutsche Immigrant:innen und ihre Nachfahr:innen zur Ausreise bewegt oder gezwungen werden sollen. Eine wichtige diskursive Funktion des Begriffes bestand lange darin, extreme Politiken in einen harmlos und vornehm klingenden Begriff zu kleiden. Dies ist in Deutschland seit 2024 kaum noch möglich, weil der Begriff in der Öffentlichkeit nun weitgehend mit der zweiten Verwendungsweise identifiziert wird und als Zeichen von Extremismus gilt.
Erweiterte Begriffsklärung
Den beiden Verwendungsweisen des Begriffs entsprechen zwei Begriffsgeschichten.
Die Geschichte der heute eher marginalen, politisch neutralen Verwendung lässt sich im Englischen bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen (vgl. Oxford English Dictionary 2009). Mit der Ausbildung einer expliziten Debatte über Migration seit dem 20. Jahrhundert finden sich immer mehr Beispiele für diese Verwendung, die sich bis in die jüngste Vergangenheit fortsetzt – auch in der Wissenschaft (z. B. Currle 2006; Krumme 2004). In dieser Verwendungsweise wird der Begriff Remigration analog zu den etablierten Begriffen der Emigration und der Immigration verwendet. Demnach bezeichnet Emigration die Auswanderung aus einem Land, Immigration die Einwanderung in ein Land und Remigration die Rückwanderung in das Land, aus dem jemand zuvor emigriert ist (Rückkehrmigration). Allerdings spielte der Remigrationsbegriff in der Migrationsforschung nur eine geringe Rolle und zählt nicht zu deren Schlüsselbegriffen.
Die Geschichte der politischen Verwendungsweise in Rechtsaußendiskursen lässt sich bis in die 1960er zurückverfolgen, nämlich in Diskurse der Neuen Rechten, zunächst in Frankreich und später in Deutschland (vgl. Wagner 2025). In diesen Diskursen ist der Begriff Remigration eine vornehme Deckformel für den Straßenslogan Ausländer raus! Deutschland den Deutschen! Im Extremfall steht Remigration dann für die Fantasie einer ethnisch homogenen Bevölkerung, die erreicht werden soll, indem alle nicht ethnisch deutschen Gruppen dazu bewegt werden, das Land zu verlassen. Bei den in Deutschland geborenen Nachfahr:innen von Immigrant:innen soll die ‚Rückwanderung‘ in die Heimatregion der Vorfahr:innen führen. In weniger extremen Versionen bezieht sich die Forderung lediglich auf etwas enger begrenzte Gruppen, die als besonders unerwünscht gelten und bei deren Ausweisung die extreme Rechte auf breitere Zustimmung hoffen kann. Dazu zählen z. B. ‚kriminelle Ausländer‘, ‚illegale Ausländer‘, ‚nicht integrationsbereite Ausländer‘ oder Kriegsflüchtlinge nach Ende des entsprechenden Krieges. Die vorgeschlagenen Mittel reichen von der bloßen ‚Werbung‘ für Emigration aus Deutschland, über die Schaffung positiver finanzieller Anreize (Rückreiseprämie) und Versuche, das Leben in Deutschland unangenehm zu machen, bis zu direktem Zwang.
Bis 2024 lassen sich vor allem zwei Funktionen der politischen Begriffsverwendung in Rechtsaußendiskursen beschreiben. Die erste besteht darin, ein extremes und aggressives politisches Programm in eine intellektuell und vornehm klingende Bezeichnung zu kleiden und sie so für Außenstehende harmlos erscheinen zu lassen. Die zweite Funktion ergibt sich aus der Vagheit des Begriffs. Das Bedeutungsspektrum erstreckt sich von einer extremen Politik der ethnischen Säuberung, die nur bei einer kleinen politisch extremen Minderheit auf Zustimmung stoßen würde, über Programme der Ausweisung von überschaubaren Gruppen, für die sich in der politischen Mitte Zustimmung finden ließe, bis hin zur individuell frei gewählten Rückkehr in ein Herkunftsland, die politisch weitgehend unkontrovers ist. Wenn Rechtsaußenakteur:innen den Begriff verwenden, können sie davon ausgehen, dass dies bei den extremeren Anhänger:innen als Signal für eine extreme Position wahrgenommen wird; zugleich können sie gegenüber anderen Beobachter:innen stets darauf beharren, dass der Begriff nur ganz harmlose Prozesse meine.
Die Effektivität dieser ersten beiden Funktionen ist in Deutschland heute deutlich eingeschränkt. Hauptgrund ist die im Januar 2024 veröffentlichte Recherche der journalistischen Online-Plattform Correctiv, in der über ein rechtes Vernetzungstreffen in Potsdam berichtet wurde (vgl. Bensmann et al. 2024). Dieser Bericht machte erstmals eine breitere Öffentlichkeit in Deutschland auf den Remigrationsbegriff aufmerksam und zeigte zugleich, dass das Konzept im Umfeld der AfD auch auf deutsche Staatsbürger:innen ‚mit Migrationshintergrund‘ bezogen, also recht extrem ausgelegt wird. Seither kann Remigration in Deutschland kaum noch als harmlos klingender Deckbegriff fungieren.
Durch das verstärkte öffentliche Bewusstsein für den Begriff und seine mithin extreme Bedeutung, hat sich seine strategische Funktion entsprechend verändert. Auf der einen Seite wird er nun vermehrt von Gegner:innen des Rechtsaußenlagers genutzt, um Rechtsaußenpolitik als extrem und menschenfeindlich zu stigmatisieren. Zwar verweisen Gegner:innen der Neuen Rechten schon lange darauf, dass diese unter dem Begriff der Remigration eine extreme Agenda vertritt. Allerdings hat sich die Resonanz für diese Argumentation seit 2024 erheblich ausgeweitet – und damit auch die stigmatisierende Verwendung. Die Aussage, dass die AfD eine Remigrations-Agenda betreibt, funktioniert heute weithin als Verweis auf den rechtsextremen Charakter der Partei. Der 2024 erfolgte Wandel der Funktionsweise des Begriffs lässt sich auch daran zeigen, dass die AfD ihn bereits zur Europawahl 2019 und zur Bundestagswahl 2021 in ihren Wahlprogrammen verwendete, dies aber kaum öffentliche Aufmerksamkeit erregte. Als die Partei es jedoch im Bundestagswahlprogramm 2025 wieder tat, wurde es weithin kommentiert und als Beleg ihrer extremen Position gewertet.
Das Rechtsaußenlager verwendet den Begriff weiter, allerdings nun mit leicht veränderten Funktionen, wobei wiederum zwei zu nennen sind. Erstens signalisiert die fortgesetzte Benutzung Unbeugsamkeit gegenüber öffentlichem Druck. In der Parteitagsrede im Januar 2025, in der Alice Weidel die Aufnahme des Begriffs in das Bundestagswahlprogramm rechtfertigt, beschreibt sie die migrationspolitische Position der Partei und sagt dann: Und wenn es Remigration heißen soll, dann heißt es eben Re-migra-tion! Damit macht sie deutlich, dass man sich den Begriff nicht verbieten lässt – im Vorfeld gab es Kontroversen um seine Aufnahme ins Programm. Zweitens buchstabiert die Partei den Begriff nun konkreter aus und betont, dass sie darunter ausschließlich Politiken fasst, die mit dem Grundgesetz vereinbar seien, also z. B. keinen Ausreisezwang gegen deutsche Staatsbürger:innen implizieren. So kann sie sich wiederum als ein böswillig missverstandenes Opfer inszenieren.
Beispiele
(1) Im folgenden Absatz des Textes Geheimplan gegen Deutschland stellt die Plattform Correctiv über den Begriff der Remigration eine Verbindung zwischen dem Aktivisten Martin Sellner, der AfD und einer extremen Agenda her:
Das rechtsradikale Konzept der Remigration: Sellners Ansichten sind nicht neu. In dessen Buch ‚Regime Change von Rechts‘ das 2023 in dem rechtsradikalen Verlag von Götz Kubitschek erschien, gibt Sellner die Linie vor: ‚Das rechte Hauptziel‘ sei die Bewahrung der ‚ethnokulturellen Identität und Substanz‘, dazu sei ‚eine radikale Wende‘ notwendig, um den ‚Bevölkerungsaustausch‘ aufzuhalten. Dafür müsse man ‚die Politik der Remigration‘ anwenden. In dem Buch fordert der Kopf der Identitären Bewegung die ‚Revision‘ von bestehenden Staatsbürgerschaften und verweist auf ‚entsprechende Konzepte rechter Parteien und Bewegung‘. Der Text ist einfach zu übersetzen: Es geht auch um die Vorbereitung einer millionenfachen Vertreibung. Die Nähe zwischen Sellner und AfD-Politikern ist schon länger zu beobachten. (Bensmann et al. 2024)
(2) In ihrem Programm zur Bundestagswahl 2025 verwendet die AfD den Begriff weiter. Zwar betont sie dabei explizit die Verfassungskonformität ihrer Auslegung des Begriffs und somit die eigene Verfassungstreue. Allerdings macht sie mit der bloßen Tatsache der Verwendung auch deutlich, dass sie angesichts von Kritik nicht zurückweicht.
Unser Maßnahmenkatalog zur Umkehr dieses migrationspolitischen Staatsversagens heißt Remigration und umfasst folgende Maßnahmen, die bereits heute der geltenden Rechtslage entsprechen oder sich jedenfalls mittels verfassungskonformer Gesetzesänderungen umsetzen lassen: [Darauf folgt eine Liste mit fünf konkreten politischen Forderungen.] (AfD 2025: 101)
(3) Hier ein Beispiel für die neutrale Begriffsverwendung in der Migrationsforschung:
‚Remigration‘ und ‚Rückkehr‘ bezeichnen Teilbereiche von Migrationsprozessen, die aus den unterschiedlichsten Gründen erfolgen können. Grundsätzlich wird der Begriff der Rückkehrmigration verwendet, wenn Personen in ihr Herkunftsland zurückkehren, nachdem sie eine signifikante Zeit nicht im Landverbracht haben. Bei der Definition der Zeitspanne im Aufnahmeland sollte zwischen dauerhafter (gemäß der Definition der Vereinten Nationen ab einem Jahr Aufenthalt) und temporärer Migration (unter einem Jahr Aufenthalt) unterschieden werden. (Currle 2006)
Literatur
Zum Weiterlesen
- Wagner, Florian (2025): Remigration. In: Bartels, Inken; Löhr, Isabella; Reinecke, Christiane; Schäfer, Philipp; Stielike, Laura; Stierl, Maurice (Hrsg.): Inventar der Migrationsbegriffe. Osnabrück: osnadocs. Online unter: https://osnadocs.ub.uni-osnabrueck.de/handle/ds-2025021912178 ; Zugriff: 07.05.2025.
Zitierte Literatur und Belege
- AfD (2025): Zeit für Deutschland. Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 21. Deutschen Bundestag. Online unter: https://www.afd.de/wp-content/uploads/2025/02/AfD_Bundestagswahlprogramm2025_web.pdf ; Zugriff: 07.05.2025.
- Bensmann, Marcus; von Daniels, Justus; Dowideit, Annette; Peters, Jean; Keller, Gabriela (2024): Geheimplan gegen Deutschland. In: correctiv.org. Online unter: https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/ ; Zugriff: 07.05.2025.
- Currle, Edda (2006): Theorieansätze zur Erklärung von Rückkehr und Remigration. In: Sozialwissenschaftlicher Fachinformationsdienst soFid, Migration und ethnische Minderheiten, Jg. 2006, Heft 2, Leibniz: GESIS, S. 7–23.
- Krumme, Helen (2004): Fortwährende Remigration: Das transnationale Pendeln türkischer Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten im Ruhestand / Continual Return: Transnational Circular Migration of Turkish Migrant Workers in Retirement. In: Best, Henning; Kusche, Isabel; Röhl, Tobias; Scheele, Alexandra; Schulz-Schaeffer, Ingo; Teney, Céline (Hrsg.): Zeitschrift für Soziologie, Jg. 33, Heft 2, Berlin: De Gruyter, S. 138–153.
- Oxford English Dictionary (2009): remigration, n. Meanings, etymology and more. In: Oxford English Dictionary. Online unter: https://www.oed.com/dictionary/remigration_n ; Zugriff: 07.05.2025.
- Wagner, Florian (2025): Remigration. In: Bartels, Inken; Löhr, Isabella; Reinecke, Christiane; Schäfer, Philipp; Stielike, Laura; Stierl, Maurice (Hrsg.): Inventar der Migrationsbegriffe. Osnabrück: osnadocs. Online unter: https://osnadocs.ub.uni-osnabrueck.de/handle/ds-2025021912178 ; Zugriff: 07.05.2025.
Zitiervorschlag
Biskamp, Floris (2025): Remigration. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 14.05.2025. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/remigration.
DiskursGlossar
Grundbegriffe
Kontextualisieren
Kontextualisieren wird im allgemeineren bildungssprachlichen Begriffsgebrauch verwendet, um das Einordnen von etwas oder jemandem in einen bestimmten Zusammenhang zu bezeichnen.
Narrativ
Mit der diskursanalytischen Kategorie des Narrativs werden Vorstellungen von komplexen Denk- und Handlungsstrukturen erfasst. Narrative in diesem Sinne gehören wie Schlagwörter, Metaphern und Topoi zu den Grundkategorien der Analyse von Diskursen.
Argumentation
Argumentation bezeichnet jene sprachliche Tätigkeit, in der man sich mithilfe von Gründen darum bemüht, die Richtigkeit einer Antwort auf eine bestimmte Frage zu erweisen. Das kann in ganz verschiedenen Situationen und Bereichen nötig sein, namentlich um eine poli-tische, wissenschaftliche, rechtliche, unternehmerische oder private Angelegenheit zu klären.
Hegemonie
Wie der britische Politikwissenschaftler Perry Anderson 2018 in einer umfassenden, historisch weit ausgreifenden Studie zum Gebrauch des Begriffs Hegemonie und seinen Konjunkturen beschreibt, liegen die historischen Wurzeln des Begriffs im Griechischen, als Bezeichnung für Führung (eines Staatswesens) mit Anteilen von Konsens.
Diskurskompetenz
Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.
Agenda Setting
Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.
Medien
Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.
Macht
Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.
Metapher
In der politischen Berichterstattung ist oft davon die Rede, dass eine bestimmte Partei einen Gesetzesentwurf blockiert. Weil das Wort in diesem Zusammenhang so konventionell ist, kann man leicht übersehen, dass es sich dabei um eine Metapher handelt.
Normalismus
Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.
Techniken
Ironie
Ironie (altgriechisch εἰρωνεία (eirōneía), wörtlich ‚Verstellung‘, ‚Vortäuschung‘) ist in unserer unmittelbaren und massenmedialen Kommunikationskultur sehr bedeutsam. Sie arbeitet mit einem Bewertungsgegensatz zwischen Gesagtem und Gemeintem.
Wiederholen
Das Wiederholen von Äußerungen in öffentlichen (politischen) Diskursen zielt darauf, das Denken anderer zu beeinflussen, Wissen zu popularisieren, einseitige (z. B. fanatisierende, beschwörende, hysterische, ablenkende, pseudosachliche) Konstruktionen von Wahrheit zu erzeugen, um die soziale Wirklichkeit als intersubjektiven Konsens im einseitigen Interesse des „Senders“ zu verändern. Grundvoraussetzung ist die Annahme, dass das kollektive Denken stets mächtiger als das individuelle Denken ist.
Diskreditieren
Das Diskreditieren ist eine Praktik, mit der Diskursakteure durch verschiedenste Strategien, die von Verunglimpfungen und Verleumdungen bis hin zu rufschädigenden Äußerungen reichen, abgewertet und herabgesetzt werden.
Nähe inszenieren
Die Inszenierung von Nähe beschreibt eine Kommunikations>>praktik, bei der Akteur:innen Techniken einsetzen, um Vertrautheit, Sympathie und Authentizität zu vermitteln (z.B. das Angebot einer:s Vorgesetzten, zu duzen).
Diplomatie
Diplomatie bezeichnet im engeren Sinne eine Form der Kommunikation zwischen offiziellen Vertretern von Staaten, die die Aufgabe haben, zwischenstaatliche Beziehungen durch und für Verhandlungen aufrecht zu erhalten. Diese Vertreter können Politiker oder Beamte, insbesondere des diplomatischen Dienstes, sowie Vertreter internationaler Organisationen sein.
Typografie
Typografie bezeichnet im modernen Gebrauch generell die Gestaltung und visuelle Darstellung von Schrift, Text und (in einem erweiterten Sinne) auch die Dokument-Gesamtgestaltung (inklusive visueller Formen wie Abbildungen, Tabellen, Taxono-mien usw.) im Bereich maschinell hergestellter Texte (sowohl im Druck als auch auf dem Bildschirm)
Fact Checking
Fact Checking ist eine kommunikationsstrategische Interventionstechnik, bei der eine Diskursaussage auf Bild oder Textbasis unter dem Gesichtspunkt der Faktizität bewertet wird. Sie ist überwiegend in journalistische Formate eingebettet, die als Faktencheck bezeichnet werden.
Distanzieren
Distanzieren bezeichnet die Abgrenzung eines individuellen oder organisationalen Akteurs von einem anderen Akteur. Eine Distanzierung kann kommunikativ oder operativ vollzogen werden, d. h. die Abgrenzung findet verbal oder unter Aufkündigung eines Arbeitsverhältnisses statt.
Kontaktschuld-Topos
« Zurück zur ArtikelübersichtKontaktschuld-Topos Kategorie: TechnikenVerwandte Ausdrücke: Assoziationsschuld, Applaus von falscher Seite, ad hominem, Guilt by AssociationSiehe auch: Verschwörungstheorie, Moralisierung, Freund-Feind-Begriffe, Topos, Opfer-ToposAutoren:...
Schlagbilder
Der Terminus Schlagbild bezeichnet mehr oder weniger inszenierte Bilder. Ihre Bedeutung beruht nicht nur auf ihren sichtbaren (ikonischen) Formen, sondern vielmehr auf den symbolischen Inhalten, die sich durch vielfache mediale Wiederholung und Konventionen gefestigt haben.
Schlagwörter
Wohlstand
Unter Wohlstand sind verschiedene Leitbilder (regulative Ideen) zu verstehen, die allgemein den Menschen, vor allem aber den Beteiligten an politischen und wissenschaftlichen Diskursen (politisch Verantwortliche, Forschende unterschiedlicher Disziplinen usw.) eine Orientierung darüber geben sollen, was ein ‚gutes Leben‘ ausmacht.
Radikalisierung
Das Adjektiv radikal ist ein mehrdeutiges Wort, das ohne spezifischen Kontext wertneutral gebraucht wird. Sprachhistorisch bezeichnete es etwas ‚tief Verwurzeltes‘ oder ‚Grundlegendes‘. Dementsprechend ist radikales Handeln auf die Ursache von etwas gerichtet, indem es beispielsweise zugrundeliegende Systeme, Strukturen oder Einstellungen infrage stellt und zu ändern sucht.
Bürokratie
Bürokratie ist ein Begriff, der im Rahmen aktueller strategischer Kommunikation ein dicht besetztes, polarisiertes Feld korrespondierender Ausdrücke öffnet. Neben den direkten Ab-leitungen Bürokratisierung, Bürokratismus und Komposita, als wichtigstes Bürokratieabbau, gehören dazu vor allem Flexibilisierung, Privatisierung, Deregulierung.
Politisch korrekt / Politische Korrektheit
Der Ausdruck politisch korrekt / Politische Korrektheit und die amerikanischen Vorbilder politically correct /P.C. / Political Correctness (Gegenteile, etwa politisch unkorrekt etc., sind mitzudenken) repräsentieren ein seit den frühen Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts populäres Deutungsmuster, mit dem weltanschauliche, ästhetische und politische Konflikte berichtet/bewertet werden, meist zuungunsten der als politisch korrekt bezeichneten Positionen, denen man eine überzogene, sowohl lächerliche als auch gefährliche Moralisierung unterstellt.
Kipppunkt
Als öffentliches Schlagwort ist Kipppunkt Teil eines Argumentationsmusters: es behauptet ein ‚Herannahen und baldiges Überschreiten einer unumkehrbaren Sachverhaltsänderung, die fatale bzw. dystopische Folgeschäden auslöst, wenn nicht umgehend bestimmte Maßnahmen eingeleitet oder unterlassen werden.‘
Verfassung
Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.
Toxizität / das Toxische
Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.
Zivilgesellschaft
Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.
Demokratie
Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.
Plagiat/Plagiarismus
Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.
Verschiebungen
Versicherheitlichung
In akademischen Kontexten wird Versicherheitlichung in Abgrenzung zu einem naiv-realistischen Sicherheitsverständnis verwendet. Dieses betrachtet Sicherheit als einen universell erstrebenswerten und objektiv feststellbaren Zustand, dessen Abwesenheit auf das Handeln von Akteuren zurückzuführen ist, die feindselig, kriminell, unverantwortlich oder zumindest fahrlässig agieren.
Ökonomisierung
Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren
Moralisierung
Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.
Konstellationen
Partizipatorischer Diskurs
Partizipation ist mittlerweile von der Forderung benachteiligter Personen und Gruppen nach mehr Beteiligung in der demokratischen Gesellschaft zu einem Begriff der Institutionen selbst geworden: Kein Programm, keine Bewilligung mehr, ohne dass bestimmte Gruppen oder Personen dazu aufgefordert werden, für (mehr) Partizipation zu sorgen.
Skandal
Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.
DiskursReview
Review-Artikel
Musk, Zuckerberg, Döpfner – Wie digitale Monopole die Demokratie bedrohen und wie könnte eine demokratische Alternative dazu aussehen?
Die Tech-Milliardäre Musk (Tesla, X,xAI) Zuckerberg (Meta), Bezos (Amazon) oder Pichai (Alphabet) sind nicht Spielball der Märkte, sondern umgekehrt sind die Märkte Spielball der Tech-Oligopolisten geworden.
Beobachtung zum Begriff „Diplomatie“ beim Thema Ukraine im Europäischen Parlament
Von EU-Vertretern waren zur Ukraine seit 2022 vor allem Aussagen zu hören, die sich unter dem Motto „as long as it takes“ beziehungsweise „so lange wie nötig“ für die Erweiterung der militärischen Ausstattung und der Verlängerung des Krieges aussprachen. Vorschläge oder Vorstöße auf dem Gebiet der „Diplomatie“ im Sinne von ‚Verhandeln (mit Worten) zwischen Konfliktparteien‘ gab es dagegen wenige, obwohl die klare Mehrheit von Kriegen mit Diplomatie beendet wurden (vgl. z.B. Wallensteen 2015: 142)
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Relativieren – kontextualisieren – differenzieren
Die drei Handlungsverben relativieren, kontextualisieren, differenzieren haben gemein, dass sie sowohl in Fachdiskursen als auch im mediopolitischen Interdiskurs gebraucht werden. In Fachdiskursen stehen sie unter anderem für Praktiken, die das Kerngeschäft wissenschaftlichen Arbeitens ausmachen: analytische Gegenstände miteinander in Beziehung zu setzen, einzuordnen, zu typisieren und zugleich Unterschiede zu erkennen und zu benennen.
Wehrhafte Demokratie: Vom Wirtschaftskrieg zur Kriegswirtschaft
Weitgehend ohne Öffentlichkeit und situiert in rechtlichen Grauzonen findet derzeit die Militarisierung der ursprünglich als „Friedensprojekt“ gedachten EU statt.
Tagung 2025: „Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung und Delegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen
„Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung undDelegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen Tagung der Forschungsgruppe Diskursmonitor Tagung: 04. bis 5. Juni 2025 | Ort: Freie Universität Berlin...
„Remigration“ – Ein Riss im Schleier der Vagheit. Diskursive Strategien rund um das Remigrationskonzept und die Correctiv-Recherchen
Die am 10. Januar veröffentlichte Correctiv-Recherche über ein rechtes Vernetzungstreffen in Potsdam sorgte für erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit und die größten Demonstrationen gegen Rechtsaußen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Im Fokus der Kritik…