DiskursGlossar

Verfassung

Kategorie: Schlagwörter
Verwandte Ausdrücke: Grundgesetz, demokratische Grundordnung, Konstitution, Grundrechte, Menschenrechte
Siehe auch: Demokratie, Kalkulierter Verfassungsverstoß, Macht, Untersuchungsausschuss
Autor: Clemens Knobloch
Version: 1.0 / Datum: 11.04.2024

Kurzzusammenfassung

Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt. Im politischen Diskurs ist der Verfassungsfeind bzw. die Verfassungswidrigkeit die ultimative Delegitimierung eines Akteures, einer Organisation oder Maßnahme. Bindend feststellen kann sie nur das höchste Gericht (Bundesverfassungsgericht). Die Rechtspraxis freilich verschiebt kontinuierlich die Grenzen des ‚Verfassungsmäßigen‘.

Erweiterte Begriffsklärung

Verfassungen sind der Inbegriff politischer Neuanfänge. Meist folgen verfassungsgebende Institutionen einer erfolgreichen Revolution oder einer anderen politischen Umwälzung (Arendt 1965). Insofern fixieren Verfassungen zwangsläufig zuerst, wogegen sie sich in der Hauptsache richten: das bundesdeutsche Grundgesetz gegen die Herrschaft des Nationalsozialismus, die US-amerikanische constitution gegen den britischen Kolonialherren etc. Sobald dieser Gründungsgegner jedoch keine machtpolitische Rolle mehr spielt, müssen die Prinzipien der Verfassung auf neue Verhältnisse angewandt (und umdefiniert) werden, ohne dass Brüche und Diskontinuitäten zu sichtbar und greifbar werden (gelten doch die letzten Verfassungsprinzipien als zeitlos und unangreifbar). Die (rituelle) Darstellung von Kontinuität über personal und machtpolitisch wechselnde Zusammenhänge hinweg gehört zu den politischen Aufgaben einer Verfassungsordnung (Vorländer 2004).

Eine Verfassung artikuliert erwünschte und zustimmungspflichtige Höchstwerte, auf die alle legitimen politischen Akteure verpflichtet sind. Im politischen Alltag werden diese Werte beschworen, in den staatlichen Institutionen werden sie (dem Anspruch nach) implementiert. Vom geheimdienstlichen Verfassungsschutz werden sie (dem Anspruch nach) vor organisierten Feinden geschützt, und das Bundesverfassungsgericht hat das letzte Wort in einschlägigen Rechtsfragen.

Die Verfassung steht insofern für einen politischen „God term“ (Burke 1969: 323 ff.), als alle staatlichen Akteure, Verhältnisse, Programme, Gesetze etc. darauf befragt werden können, ob sie ,im Einklang‘ mit der Verfassung sind. Die Verfassung ist für das staatliche Handeln das, was die Heilige Schrift für eine Religion ist. Auch wenn politische Programme, Manifeste, Plattformen etc. nicht als Verfassungen bezeichnet werden, folgen sie doch, im verkleinerten Maßstab, der gleichen Logik höchster beschwörbarer Werte und Wünsche, welche für die Konflikte und Widersprüche des politischen Alltags so etwas wie einen idealen Überbau bilden.

In diesem Sinne sind Verfassungen ihrem Anspruch nach „szenische“ Einrichtungen (Burke 1969: 362): Die Berufung diskursiver Akteure auf die Verfassung taugt nicht nur dazu, andere Akteure zu verpflichten und zu begrenzen. Mit der Berufung werden auch Handlungen, Verhältnisse, Ziele und Mittel des Handelns gleichermaßen umfassend auf ihre Verfassungskonformität geprüft.

Und das, obwohl ihre Prinzipien selbst auf die historische Szene ihrer Gründung und Setzung verweisen. Ihre letzten und höchsten Prinzipien (Grundrechte, Artikel 1–19) müssen so allgemein formuliert sein, dass sie auch unter wechselnden Bedingungen konkretisiert und neu ausgefüllt werden können. In der politischen Praxis wird aus der idealen Einheit der Verfassungswerte eine Vielzahl konfligierender Interessen und Positionen, die sich aber gleichermaßen diskursiv auf die Werte und Ideale der Verfassung beziehen lassen müssen. Vor dem Hintergrund der stets umstrittenen Grenzen der ,Verfassungsmäßigkeit‘ aller Bestandteile der politischen Szene ist der kalkulierte Verfassungsverstoß ein aufmerksamkeitspolitischer Selbstläufer.

Wer unter welchen Bedingungen den Ausnahmezustand erklären und die Verfassungsordnung aufheben kann, ist der zentrale Konfliktpunkt, wenn es um das Verhältnis zwischen staatlicher „Normalität“ und „Notstand“ geht (Carl Schmitt 1987).

Beispiele

(1) Diskussion über ein Verbot der AfD

Aus dem Antrag der Volksverpetzer an den Bundesrat, ein AfD-Verbot auf den Weg zu bringen:

Wir fordern den Bundesrat auf, die Prüfung eines Verbots der AfD beim zuständigen Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Weder der Politik noch der Öffentlichkeit steht es zu, über ein Parteiverbot zu entscheiden. Das ist laut Grundgesetz die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Das Verfassungsgericht muss mit der Prüfung beauftragt werden.

 

Die Anzeichen sind erdrückend: Die AfD zeigt starke Tendenzen, unsere Demokratie zu untergraben und gegen unsere Verfassung zu handeln. Verschiedene Medien und unabhängige Faktenchecker, darunter auch wir vom „Volksverpetzer“, haben wiederholt auf potenziell verfassungsfeindliche Aussagen und Verhaltensweisen innerhalb der Partei hingewiesen. Und dafür liefert nicht zuletzt der Verfassungsschutz auch etliche Hinweise. (innn.it o.J.)

Fast alle Repertoireelemente der politischen ,Anrufung‘ von Verfassung und Grundgesetz sind in diesem Passus enthalten. Auf der anderen Seite eines solchen Verbotsantrags an das Verfassungsgericht steht das Risiko, dass ein juristisches Scheitern der Angelegenheit von der Partei zu einem politischen Persilschein umdefiniert werden kann: als Bestätigung dafür, dass man ,auf dem Boden‘ der Verfassung steht. Regelmäßig wird vor allem ,populistischen‘ Regierungen vorgeworfen, durch gezielte Umbesetzung von Verfassungsgerichten die Kontrolle der Judikative über die Exekutive zu schwächen.

(2) Politisch motivierte Ernennung von Verfassungsrichtern

Widerspruchsträchtig ist die Tatsache, dass Verfassungen entpersonalisierte Instanzen sind (vgl. Vorländer 2004: 180). Der Verweis auf ihre Urheber (,die Väter des Grundgesetzes‘, neuerdings auch die ,Mütter‘) erfolgt nicht personal. Dass die Positionen im Verfassungsgericht gleichwohl nach politischen Interessen und Machtverhältnissen besetzt werden, ist insofern potentiell skandalisierbar, wenn es zu offenkundig wird. Es gibt ständig den öffentlichen Vorwurf an ,rechtspopulistische‘ Regierungen, dass sie das höchste Gericht parteistrategisch zu besetzen versuchen. Das tun indes die Regierungen der liberalen ,Mitte‘ ebenfalls.

Literatur

Zitierte Literatur

  • Arendt, Hannah (1965): Über die Revolution. München: Piper.

  • Burke, Kenneth (1969): A Grammar of Motives. Berkeley, L.A.: University of California Press.#

  • innn.it (o.J.): Prüft ein AfD-Verbot! Petition. Online unter: https://innn.it/afdverbot ; Zugriff: 16.04.2024.
  • Schmitt, Carl (1987): Der Begriff des Politischen. Text von 1932 mit einem Vorwort und drei Corollarien. Berlin: Duncker & Humblot.

  • Vorländer, Hans (2004): Verfassungsgeschichten. Über die Kontinuierung des konstitutionellen Moments. In: Mellville, Gert; Rehberg, Karl-Siegbert (Hrsg.): Gründungsmythen, Genealogien, Memorialzeichen. Köln, Weimar, Wien: Böhlau, S. 177–185.

Zitiervorschlag

Knobloch, Clemens (2024): Verfassung. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 11.04.2024. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/verfassung.

DiskursGlossar

Grundbegriffe

Diskurskompetenz

Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.

Agenda Setting

Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.

Medien

Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.

Macht

Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.

Normalismus

Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.

Wissen

Kollektives Wissen von sozialen Gruppen ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel strategischer Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Es wird geprägt durch individuelle Erfahrung, aber auch in Diskursgemeinschaften kommunikativ geteilt – vor allem im Elternhaus, in Peergroups und Bildungseinrichtungen sowie durch Medienkonsum.

Werbung

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument von Unternehmen, das der Positionierung im Markt dient und je nach Situation des Unternehmens auf Einführung, Erhalt oder Ausbau von Marktanteilen und damit letztlich auf ökonomischen Gewinn abzielt.

Mediale Kontrolle

Medien werden vielfältig zur Durchsetzung von Macht verwendet. So in der Zensur, wenn eine politische Selektion des Sagbaren und des Unsagbaren stattfindet; in der Propaganda, wenn eine Bevölkerung von den Ansichten oder wenigstens der Macht einer bestimmten Gruppe überzeugt werden soll; oder in der Überwachung, die unerwünschtes Verhalten nicht nur beobachten, sondern unwahrscheinlich machen soll.

Freund- und Feind-Begriffe

Freund-, Gegner- und Feindbegriffe sind Teil der Politischen Kommunikation. Sie bilden die Pole eines breiten Spektrums von kommunikativen Zeichen, mit denen politische Akteure sich selbst und ihre politischen Gegner im Kampf um beschränkte Ressourcen auf dem diskursiven Schlachtfeld positionieren.

Sprachpolitik / Sprachenpolitik

Sprachpolitik bezeichnet allgemein alle politischen Prozesse, die auf eine Beeinflussung der Sprachverwendung in einer Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft abzielen. Unterschieden wird häufig zwischen Sprachenpolitik und Sprachpolitik im engeren Sinne.

Techniken

Offener Brief

Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.

Kommunikationsverweigerung

Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.

Flugblatt

Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.

Passivierung

Unter Passivierung versteht man die Formulierung eines Satzes in einer grammatischen Form des Passivs. Das Passiv ist gegenüber dem Aktiv durch die Verwendung von Hilfsverben formal komplexer. Seine Verwendung hat unter anderem zur Folge, dass handelnde Personen im Satz nicht genannt werden müssen, was beispielsweise in Gesetzestexten für eine (gewünschte) größtmögliche Abstraktion sorgt („Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Art. 3 GG).

Aufopferungs-Topos

Als Aufopferungs-Topos wird in der Diskursforschung ein Argumentationsmuster bezeichnet, das zwei strategische Funktionen erfüllen kann: einerseits kann es dazu dienen, mit der Behauptung eines besonderen Ressourceneinsatzes (z.B. Einsatz von Geld, Zeit oder emotionaler Belastung) einen hohen Achtungswert für eine Person, eine Sache bzw. für ein Ziel zu plausibilisieren. Andererseits können Akteure besondere Privilegien (wie z.B. Wertschätzung, Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte) reklamieren, wenn sie sich für eine bereits in der sozialen Bezugsgruppe hochgeschätzte Sache engagieren.

Opfer-Topos

Als Opfer-Topos bezeichnet man eine diskursive Argumentationsstrategie, bei der sich Akteure als ‚Opfer‘ gesellschaftlicher Urteilsbildung inszenieren und damit eigene Interessen – vor allem Aufmerksamkeit und Berücksichtigung von Bedürfnissen – geltend zu machen versuchen.

Analogie-Topos

Der Analogie-Topos zählt zu den allgemeinen bzw. kontextabstrakten Argumentationsmustern, die genutzt werden können, um für oder gegen eine Position zu argumentieren. Analogie-Topoi werden von verschiedenen Akteuren und Akteursgruppen strategisch eingesetzt, um eine zustimmende Haltung bei den Zielgruppen zu bewirken.

Topos der düsteren Zukunftsprognose

Der Topos der düsteren Zukunftsprognose beschreibt ein Argumentationsmuster, bei dem eine negative, dystopische Zukunft prognostiziert wird. Dabei wird auf die drohenden Folgen einer Krise oder einer allgemeinen Gefahr verwiesen, aus der eine negative Zukunft bei falschem Handeln resultieren wird.

Negativpreis

Ein Negativpreis ist eine Auszeichnung an Personen oder Organisationen (meist Unternehmen), die sich oder ihre Produkte positiv darstellen und vermarkten, ihre Versprechen aus Sicht des Preisverleihers allerdings nicht einhalten. Dabei dient der Preis durch seine Vergabe vor allem dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen, mediale Präsenz auf ein Thema zu lenken und den Preisträger in seinem moralischen Image zu beschädigen.

Be-/Überlastungs-Topos

Der Be-/Überlastungstopos ist ein Argumentationsmuster, das vorwiegend in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Als zu vermeidende Konsequenz einer konkreten Situation wird mit dem Be-/Überlastungstopos ein Be- bzw. Überlastungs-Szenario skizziert.

Schlagwörter

Toxizität / das Toxische

Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.

Zivilgesellschaft

Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.

Demokratie

Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.

Plagiat/Plagiarismus

Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.

Fake News

Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.

Antisemitismus

Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.

Grammatiknazi / Grammar Nazi

Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.

Respekt

Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.

Geschlechtergerechte Sprache

Mit dem heute als Fahnenwort gebrauchten Ausdruck geschlechtergerechte Sprache ist die Forderung verbunden, bei Personenbezeichnungen die einseitige, für diskriminierend erklärte Bezugnahme auf einen bestimmten Sexus, konkret: auf das männliche Geschlecht, zu unterlassen.

Verschiebungen

Ökonomisierung

Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren

Moralisierung

Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.

Konstellationen

Skandal

Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.

DiskursReview

Review-Artikel

Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023

Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...

Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)

Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?

Was ist ein Volk?

Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.

Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!

Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…