DiskursGlossar
Kipppunkt
Kategorie: Schlagwörter
Verwandte Ausdrücke: tipping point, point of no return, auf der Kippe stehen, auf der Schwelle stehen, (drohender) Kollaps
Siehe auch: Affirmation, Argumentation, Schlagwort, Topos, Freund-Feind-Begriffe, Überlastungs-Topos
Autor: Friedemann Vogel
Version: 1.1 / Datum: 22.01.2025
Kurzzusammenfassung
Der Ausdruck Kipppunkt ist in nur wenigen Jahren seit 2018 zu einem populären Schlagwort geworden. Hatte das Kompositum zunächst nur eine fachliche Spezialbedeutung in Ingenieurswesen und Klimaforschung, fand es ab den späten 2010er Jahren Eingang in den öffentlichen Klimadiskurs. Inzwischen findet sich das Wort in verschiedensten thematischen Kontexten, im Parlament, in Presse und sozialen Medien und wird in allen politischen Lagern verwendet.
Als öffentliches Schlagwort ist Kipppunkt Teil eines Argumentationsmusters: Es behauptet ein ‚Herannahen und baldiges Überschreiten einer unumkehrbaren Sachverhaltsänderung, die fatale bzw. dystopische Folgeschäden auslöst, wenn nicht umgehend bestimmte Maßnahmen eingeleitet oder unterlassen werden‘. Mit der Verwendung des Schlagwortes Kipppunkt versuchen Interessensgruppen öffentliche Aufmerksamkeit auf aus ihrer Sicht vernachlässigte Themen und Gefahren zu richten und politischen Handlungsdruck auszulösen.
Wie jeder Dystopie-Topos hat das aufmerksamkeitsökonomische Potential des Schlagwortes durch Gewöhnungseffekte nur eine beschränkte Haltbarkeit. Die dystopische Prophezeiung kann außerdem strategisch als Übertreibung zurückgewiesen und skandalisiert werden.
Erweiterte Begriffsklärung
Der Ausdruck Kipppunkt hat in nur wenigen Jahren eine beachtliche Karriere hingelegt (Abb. 1): war er im öffentlichen Sprachgebrauch vor 2005 völlig und bis 2018 noch immer nahezu unbekannt, hat er etwa ab den frühen 2020er Jahren eine erhebliche Popularisierung erfahren: Der Ausdruck findet sich heute als Schlagwort (Hermanns 1994) in verschiedensten thematischen Kontexten, im Parlament, in Presse und sozialen Medien und wird in allen politischen Lagern verwendet.
Abb. 1: DWDS (2024): Diachrone Verwendungshäufigkeit des
Ausdrucks Kipppunkt im Pressekorpus des DWDS.
Kipppunkte gibt es schon länger in verschiedenen Fachdomänen, etwa in der Elektro- bzw. Energietechnik, deren Spezialbedeutung zwar Verwandtschaft zum Schlagwortgebrauch zeigt (ein ,maximales, nicht zu überschreitendes und ansonsten Instabilität erzeugendes Drehmoment einer Asynchronmaschine‘, vgl. z. B. Binder 2020), aber für die Popularisierung des Ausdrucks Kipppunkt keine Rolle spielt. In den Sozialwissenschaften bezeichnen Kipppunkte mitunter eine ,kritische Gruppengröße oder soziale Verteilung, ab der sich eine Meinung oder ein Sozialverhalten massenhaft verbreitet‘ (z. B. in der Segregationsforschung der 1950er Jahre; vgl. Grodzins 1957). Als solche – mit Blick auf modische Popularisierungsprozesse – sind Tipping Point[s] auch Gegenstand eines Bestseller-Sachbuchs von Malcolm Gladwell (Erstveröffentlichung 2000). Fachbücher mit dem Titel Tipping Points finden sich sogar im (Urheber-)Recht (Fischer et al. 2020). Diese ausdrucksseitige Vor- und Begleitgeschichte mag zur Verbreitung der Metapher als Schlagwort beigetragen haben, vor allem für den deutschsprachigen Raum scheinen sie mir aber nicht entscheidend für seine Verbreitung in den letzten fünf Jahren.
Morphologisch (Wortbildung) handelt es sich um ein Determinativkompositum, das sich alltagssprachlich intuitiv und metaphorisch erschließen lässt: Das Determinans (Bestimmungswort) Kipp- konkretisiert das Determinatum (Grundwort) -punkt als einen ,singulären Moment der schlagartigen Zustandsänderung eines Objektes oder eines Sachverhalts‘, ein ,Moment der Instabilität‘, in dem etwas ,ins Rutschen gerät‘ und zwar so, dass die Wiederherstellung einer vorausgehenden ,stabilen Lage‘ und ,Normalität‘ versperrt scheint. Der Punkt ist die perspektivische Prämisse, er verdichtet normalistisch (Link 2013) den zeitlich prinzipiell beliebig dehnbaren Vorgang des ,Kippens‘ und fokussiert genau jenen Augenblick, der die erlebbare Wirklichkeit in ein existenzielles ,Davor‘ und ,Danach‘ zerteilt. Das Kompositum verbindet damit die Fiktion der Gewissheit eines Ereigniseintritts mit einer nachfolgenden Zeitperiode der relativen Ungewissheit, die – das legt unser alltägliches Erfahrungswissen rund um Zustände des (Um- oder Ver-)Kippens nahe – potentiell bedrohlich-schadvolle Folgen induziert (man denke auch an die alltagssprachliche Wendung die Stimmung kippt oder ein Sachverhalt steht auf der Kippe – eine Mehrworteinheit, die im Interdiskurs seit den 1990er Jahren eine Rolle spielt). Angesichts dieses Deutungsrahmens ist fast schon erstaunlich, dass der Ausdruck Kipppunkt in Zeiten multipler Krisendiskurse nicht schon sehr viel früher Eingang in die politische Kommunikation gefunden hat.
Soweit anhand öffentlich zugänglicher Quellen nachvollziehbar, ist die derzeitig populäre Lesart des deutschsprachigen Ausdrucks Kipppunkt maßgeblich durch den internationalen, zunächst englischsprachigen Klima-Fachdiskurs (dort als tipping point oder tipping elements bezeichnet) geprägt worden. Erstmals in diesem Kontext auch unter kommunikationsstrategischen Erwägungen verwendet wurde die Metapher offenbar bereits 2004 durch den Klimatologen Hans Joachim Schellnhuber in einem Interview mit dem BBC-Reporter Alex Kirby auf dem European Open Science Forum 2004 in Stockholm (vgl. van der Hel et al. 2018: S. 610 f.). Schellnhuber habe verschiedene metaphorische Formulierungen zur Erläuterung abrupter Weltklimaveränderungen abgewogen. Der BBC-Reporter habe tipping point aufgegriffen und Schellnhuber Jahre später den Begriff in eigenen Publikationen integriert. Die frühesten Verwendungen des Ausdrucks waren also durchaus metasprachlich und kommunikationsstrategisch (in einem weiteren Sinne) gewählt, um der eigenen Warnung vor dramatischen klimatischen Folgen in der Öffentlichkeit Nachdruck zu verleihen. Diese Öffentlichkeit wandte sich erst fast 20 Jahre später dem Ausdruck und Thema zu.
Im öffentlichen Raum spielten dafür verschiedene Ereignisse eine Rolle, die allesamt an der Schnittstelle von Fach- und Interdiskurs angesiedelt sind und durch massenmediale Aufmerksamkeit Beachtung in größeren Bevölkerungsteilen gefunden haben. Hierzu zählt etwa der Bericht des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), der 2021 vor einem Versiegen des Golfstroms mit den Worten warnt:
Observation-based early-warning signals for a collapse of the Atlantic Meridional Overturning Circulation (Titel; Boers 2021)
und auf der Website des Instituts am 05.08.2021:
Meeresströmung im Atlantik nähert sich möglicherweise kritischer Schwelle (PIK 2021)
In der medialen Berichterstattung, insbesondere auch in Form von Interviews mit sich affirmativ oder auch kritisch-distanzierend äußernden Forschern, wurden die zu Kipppunkt oder kippen oft gebrauchsverwandten Metaphern der Schwelle und des Kollaps reproduziert – und damit auch deren rhetorisch-topische Perspektive. So formuliert der Ozeanograf Stefan Rahmstorf (PIK) im Februar 2021 gegenüber Zeit Online:
[…] verlangsamt sich die Strömung um die Hälfte, dann sind wir vermutlich schon gefährlich nah an dem Kipppunkt, an dem sie [die atlantische Golfstromumwälzung] von selbst versiegen könnte. Das Problem ist: Keiner weiß so genau, wo dieser Punkt liegt und wann es zu spät sein wird. Den Kipppunkt zu überschreiten sollten wir unbedingt vermeiden. (Rahmstorf 2021)
Abb. 2: storywrangling.org (2024): Verwendungshäufigkeit
des Ausdrucks Kipppunkt in Twitterdaten über die Zeit.
Im August 2021 werden die Schlüssel- bzw. Schlagwörter Golfstrom, AMOC und Kipppunkt vielfach aufgegriffen und hunderttausendfach verbreitet (Abb. 2). Die Beiträge entfallen im Grunde in zwei polarisierte Perspektiven: Die einen überbieten sich förmlich mit dystopischen Szenarien für den ,sich nahenden Fall‘ (= Kipppunkt) eines versiegenden Golfstroms, die anderen weisen eben diese Dystopie als Propaganda zurück. In beiden Fällen handelt es sich um einen deontisch-appellativen Gebrauch des Ausdrucks Kipppunkt. Studienberichte über die fortschreitende Antarktis-Schmelze, auftauenden Permafrostböden in Russland oder absterbenden Korallenriffe sind anschließend immer wieder Ausgangspunkt für die Wiederaufnahme des Schlagwortes Kipppunkt in Presse, Sozialen Medien und auch in den Institutionen der Politik.
Mit zunehmender Popularisierung der Metapher nimmt die Zahl der verschiedenen Tätigkeitsbereiche und Themenfelder zu, auf die mit dem Wort Kipppunkt verwiesen wird: Das Wort wird mehrdeutiger. Betrachtet man in großen Textsammlungen das sprachliche Umfeld zu der Wortverwendung (also mit welchen anderen Wörtern Kipppunkt oft gemeinsam verwendet wird), dann dominieren in der jüngeren Zeit zwar weiterhin Klima- und Umweltphänomene das Wortfeld (Eisschild, Klimasystem, Amazonas, Erwärmung, Abschmelzen, Grönlandeis, Westantarktis, Strömung usw.). Daneben aber finden sich immer häufiger auch nicht-klimabezogene Themenfelder wie Wohnungsmarkt, Vogelgrippe, Gesellschaft und Politik, Schienennetz, Geldpreis uva. Und die jüngsten Verwendungen (Oktober 2024) auf X/ehem. Twitter zeigen fast umgekehrt schon eine Dominanz an nicht-klimabezogenen Verwendungen der Metapher (siehe Beispiele).
Die Verwendung des Wortes Kipppunkt ist mit zwei Argumentationsmustern verbunden, die beide mit dem Dystopie-Topos eng verwandt sind:
- Variante (1) postuliert das Herannahen/Erreichen/baldige Überschreiten einer lokalen oder globalen unumkehrbaren/irreversiblen Sachverhaltsänderung mit fatalen bzw. dystopischen Folgeschäden, sofern nicht umgehend Maßnahmen zur Prävention eingeleitet bzw. Handlungen unterlassen werden, die den Eintritt der Sachverhaltsveränderung befördern.
- Variante (2) dagegen behauptet, die dystopisch-folgenreiche Sachverhaltsänderung sei bereits eingetreten und es müssten daher umgehend Maßnahmen zur Schadensbegrenzung unternommen werden (womit zugleich die Irreversibilität des Schadenseintritts von Variante 1 implizit negiert wird).
Variante (1) dominiert insgesamt, Variante (2) findet sich nach derzeitigem Kenntnisstand sehr viel häufiger außerhalb des Klimadiskurses.
Wo Variante (1) zumal mit Bezug zum Klimadiskurs auftritt, finden sich bekannte Gegenstrategien, nämlich die Zurückweisung der dystopischen Prämissen (mit Blick auf Eintreten, Unumkehrbarkeit, Naturalisierung und/oder drohenden Schäden) als instrumentelle Übertreibung mithilfe metasprachlicher Kritik, mit Distanzmarkern (sogenannte oder vermeintliche Kipppunkte) oder Ironisierungen.
Dystopie-Topoi, wie sie auch durch das Schlagwort Kipppunkt aktiviert werden, sind immer riskant. Kurzfristig mögen sie sich dazu ,eignen‘, persuasiv-emotionalisierend (politischen) Handlungsdruck in größeren Bevölkerungsgruppen zu erzeugen bzw. politisch unpopuläre Maßnahmen gegen Widerstände durchzusetzen. Mittel- und erst recht langfristig aber nutzen sich Dystopie-Topoi sehr schnell ab und befördern dann Gleichgültigkeit, Apathie oder sogar gezielt kontraproduktive Haltungen gegenüber dem Sachverhalt. Das gilt offensichtlich nicht nur für den Klimadiskurs, sondern galt zuletzt auch im Covid/Pandemie-Diskurs. Ungeachtet können Dystopie-Topoi auch eine antidemokratische Wirkung entfalten, indem sie Alternativlosigkeit unterstellen in einer politischen Welt, in der immer verschiedene Lösungen ausgehandelt und realisiert werden können.
Beispiele
(1) In politischen Parlamentsdebatten finden sich vor allem in früheren Jahren Verwendungen des Wortes Kipppunkt als Schlagwort, die vor einem ‚unumkehrbaren Eintritt von globalen Schäden‘ warnen und politische Handlungen einfordern. Ab 2022 finden sich dagegen immer mehr Beispiele für die Übernahme des Schlagwortes Kipppunkt auf andere politische Bereiche:
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat erst vor Kurzem vor der drohenden Überschreitung der Kipppunkte in unserem Klimasystem gewarnt. Ein Kipppunkt ist beispielsweise beim Grönländischen Eisschild zu befürchten. Ab einem gewissen Punkt wird es so sein, dass das Abschmelzen nicht mehr aufzuhalten ist, egal ob wir uns entscheiden, die Emissionen zu reduzieren. Unsere Erde wird sich aufgrund des verlorenen Kühleffekts des reflektierenden Eisschildes weiter erhitzen. […] Unsere Energieversorgung ist untrennbar mit dem Aufhalten der Klimakrise verknüpft. Das bedeutet nur eines: erstens massiver Ausbau der erneuerbaren Energien, zweitens eine Energieeffizienzrevolution und drittens Maßnahmen, um die Energieeinsparungen voranzubringen. (Henneberger: 19.11.2022, Deutscher Bundestag)
Dabei verkennt die Ampel, an welchem Kipppunkt unsere Wirtschaft steht, welche Investitionen in Sicherheit erforderlich wären und dass die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen in Gefahr ist. (Haase: 22.11.2022, Deutscher Bundestag)
(2) In sozialen Medien bzw. in verschiedenen sozialen Gruppen zeigt sich, dass das Schlagwort Kipppunkt inzwischen mit sehr unterschiedlichen Themen argumentativ verbunden wird, hier: Einschätzung über Zustand des öffentlichen Diskurses, über die (‚mangelnde‘) Urteilskraft einer Zeitung sowie verschiedene soziale Themen:
Putin auf Hannover Staatsbesuch.. Sorge dass Kipppunkt hier zu Ignoranz gegen Genozid in Ukraine bald erreicht (Twitter/X: 29.10.2024)
Die #SZ hatte ihren intellektuellen Kipppunkt schon. [Reaktion auf einen Artikel in der Süddeutschen mit dem Lead: Warum essen plötzlich alle Pflanzenwurst und trinken alkoholfreies Bier? Bahnt sich ein kultureller Kipppunkt an?] (Twitter/X: 29.10.2024)
Ich habe den Eindruck, dass dieses Land den Kipppunkt überschritten hat. [Liste:] Wirtschaft/Kriminalität/Migration u.a. (Twitter/X: 28.10.2024)
(3) Die beiden nachfolgenden Beispiele aus sozialen Medien verwenden das Schlagwort Kipppunkt in ironisch-distanzierter Weise: Im einen Fall wird das mit dem Ausdruck assoziierte Dystopie-Moment als Fantasie zurückgewiesen. Im anderen Fall deutet der Autor die ‚inflationär‘-häufige Verwendung des Ausdrucks als ‚Sucht‘ und zeigt damit den zunehmenden Gewöhnungseffekt der dystopischen Warnungen und Handlungsappelle.
Ihr könnt den Kipppunkt noch so sehr herbeifantasieren, er wird nicht stattfinden. (Twitter/X: 29.10.2024)
Endlich wieder ein Kipppunkt. Ich war schon auf Entzug… [Reaktion auf Titel in der Berliner Morgenpost: Amazonas droht Katastrophe – Forscher warnt vor Kipppunkt] (Twitter/X: 30.10.2024)
Literatur
Zum Weiterlesen
- van der Hel, Sandra; Hellsten, Iina; Steen, Gerard (2018): Tipping Points and Climate Change: Metaphor Between Science and the Media. In: Environmental Communication, Jg. 12, Heft 5, Oxfordshire: Routledge, S. 605–620. Online unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17524032.2017.1410198 ; Zugriff: 20.12.2024.
- Vogel, Friedemann (2024): Kipppunkt: Vom Aufstieg und Fall eines dystopischen Deutungsmusters. In: kRR, Heft 2, Jg. 2024, S. 132–136.
Zitierte Literatur und Belege
- Binder, Andreas (2020): M3: Die Asynchronmaschine. In: Institut für Elektrische Energiewandlung. Online unter: https://www.ew.tu-darmstadt.de/media/ew/rd/ew_praktika/lv_praktika/anleitungen/M3_Die_Asynchronmaschine_ver3.pdf ; Zugriff: 06.12.2024.
- Boers, Niklas (2021): Observation-based early-warning signals for a collapse of the Atlantic Meridional Overturning Circulation. In: Nature Climate Change. Jg. 11, Heft 8, London: Nature Portfolio, S. 680–688.
- Fischer, Georg; Hondros, Konstantin; Beaucamp, Sophie; Schrör, Simon (2020): Tipping Points. Interdisziplinäre Zugänge zu neuen Fragen des Urheberrechts. 1. Aufl. Baden-Baden: Nomos.
-
Gladwell, Malcolm (2000): The tipping point: how little things can make a big difference. 1. Aufl. Boston:Little, Brown.
- Grodzins, Morton (1957): Metropolic Segregation. In: Scientific American. Jg. 197, Heft 4, S. 33–41.
- Haase, Christian (2022): Deutscher Bundestag, 22.11.2022.
- Henneberger, Kathrin (2022): Deutscher Bundestag, 19.11.2022.
- Hermanns, Fritz (1994): Schlüssel-, Schlag- und Fahnenwörter. Zu Begrifflichkeit und Theorie der lexikalischen „politischen Semantik“. Arbeiten aus dem Sonderforschungsbereich 245. Sprache und Situation. Mannheim: Institut für deutsche Sprache.
- Link, Jürgen (2013): Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. 5. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) (2021): Meeresströmung im Atlantik nähert sich möglicherweise kritischer Schwelle. In: pik-potsdam.de. Online unter: https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/meeresstroemung-im-atlantik-naehert-sich-moeglicherweise-kritischer-schwelle ; Zugriff: 06.12.2024.
- Rahmstorf, Stefan (2021): Für Europa könnte das extreme Hitzewellen bedeuten. In: Zeit. Online unter: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2021-02/stefan-rahmstorf-klimaforschung-extremwetter-klimawandel ; Zugriff: 06.12.2024.
- Twitter/X (2024): Tweet vom 29.10.2024 – anonymisiert.
- Twitter/X (2024): Tweet vom 29.10.2024 – anonymisiert.
- Twitter/X (2024): Tweet vom 28.10.2024 – anonymisiert.
- Twitter/X (2024): Tweet vom 29.10.2024 – anonymisiert.
- Twitter/X (2024): Tweet vom 30.10.2024 – anonymisiert.
- van der Hel, Sandra; Hellsten, Iina; Steen, Gerard (2018): Tipping Points and Climate Change: Metaphor Between Science and the Media. In: Environmental Communication. Jg. 12, Heft 5, Oxfordshire: Routledge, S. 605–620. Online unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17524032.2017.1410198 ; Zugriff: 20.12.2024.
Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1: DWDS (2024): Diachrone Verwendungshäufigkeit des
Ausdrucks Kipppunkt im Pressekorpus des DWDS. URL: https://www.dwds.de/r/plot ; Zugriff: 03.11.2024. - Abb. 2: storywrangling.org (2024): Verwendungshäufigkeit
des Ausdrucks Kipppunkt in Twitterdaten über die Zeit. Abgefragt via/URL: https://storywrangling.org/ ; Zugriff: 03.11.2024.
Zitiervorschlag
Vogel, Friedemann (2025): Kipppunkt. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 22.01.2025. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/kipppunkt.
DiskursGlossar
Grundbegriffe
Kontextualisieren
Kontextualisieren wird im allgemeineren bildungssprachlichen Begriffsgebrauch verwendet, um das Einordnen von etwas oder jemandem in einen bestimmten Zusammenhang zu bezeichnen.
Narrativ
Mit der diskursanalytischen Kategorie des Narrativs werden Vorstellungen von komplexen Denk- und Handlungsstrukturen erfasst. Narrative in diesem Sinne gehören wie Schlagwörter, Metaphern und Topoi zu den Grundkategorien der Analyse von Diskursen.
Argumentation
Argumentation bezeichnet jene sprachliche Tätigkeit, in der man sich mithilfe von Gründen darum bemüht, die Richtigkeit einer Antwort auf eine bestimmte Frage zu erweisen. Das kann in ganz verschiedenen Situationen und Bereichen nötig sein, namentlich um eine poli-tische, wissenschaftliche, rechtliche, unternehmerische oder private Angelegenheit zu klären.
Hegemonie
Wie der britische Politikwissenschaftler Perry Anderson 2018 in einer umfassenden, historisch weit ausgreifenden Studie zum Gebrauch des Begriffs Hegemonie und seinen Konjunkturen beschreibt, liegen die historischen Wurzeln des Begriffs im Griechischen, als Bezeichnung für Führung (eines Staatswesens) mit Anteilen von Konsens.
Diskurskompetenz
Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.
Agenda Setting
Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.
Medien
Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.
Macht
Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.
Metapher
In der politischen Berichterstattung ist oft davon die Rede, dass eine bestimmte Partei einen Gesetzesentwurf blockiert. Weil das Wort in diesem Zusammenhang so konventionell ist, kann man leicht übersehen, dass es sich dabei um eine Metapher handelt.
Normalismus
Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.
Techniken
Parole
Die Parole ist ein kleines, potentes sprachliches Werkzeug, das in der politischen Kommunikation unerlässlich ist und zweckgebunden in politischen Mobilisierungen eingesetzt wird.
Komposita
. In der politischen Rhetorik tragen Komposita zur Prägnanz und Emotionalität von Botschaften bei, indem sie komplexe Sachverhalte und politische Themen in zentralen Begriffen bündeln, in griffige Schlagworte packen und diese für den gesellschaftlichen Diskurs zur Verfügung stellen (zum Beispiel Krisenmodus, Zeitenwende oder Rückführungspatenschaften).
Nicht-Entschuldigen / Nonpology
Mit der Nicht-Entschuldigung verfolgen Diskursakteure verschiedene Ziele: sie wollen Ablenken von der eigenen Schuld, erhoffen sich eine Reputationsverbesserung durch vorgespielte Reue oder wollen (andere) negative Konsequenzen abwenden und sich in der Öffentlichkeit positiv als fehlereinsichtig und selbstkritisch darstellen.
Liken
Die eigentliche Funktion des Likens geht jedoch über das Signalisieren von Zustimmung hinaus und ist konstitutiv für das Funktionieren sozialer Medienplattformen und das Aushandeln von verschiedenen Formen der Sozialität auf diesen.
Hashtag
Mit dem Begriff Hashtag wird auf eine kommunikative Technik der spontanen Verschlagwortung und Inde-xierung von Postings in der Internetkommunikation verwiesen, bei der Sprache und Medientechnik sinnstif-tend zusammenwirken. Der Gebrauch von Hashtags hat eine diskursbündelnde Funktion: Er ermöglicht es, Inhalte zu kategorisieren (#Linguistik, #Bundestag), such- und auffindbar zu machen (#Bundestags-wahl2025), aber auch zu bewerten (#nicetohave) und zu kontextualisieren (#Niewiederistjetzt).
Diminutiv
Auch in Politik, Wirtschaft, Presse und Werbung werden Diminutiv-Formen zu rhetorischen Zwecken eingesetzt, um etwa emotionale Nähe zu konstruieren (unser Ländle), eine Person abzuwerten (die ist auch so ein Schätzchen), einen als ‚riskant‘ geltenden Sachverhalt zu ‚verharmlosen‘ (ein Bierchen) oder eine ‚Sachverhaltsbanalisierung‘ zurückzuweisen (Ihre ‚Demonstratiönchen‘).
Sündenbock
Der Sündenbock bezeichnet eine Person oder Gruppe, die stellvertretend für etwas beschuldigt wird. Hinter dieser Schuldzuweisung steckt ein kommunikativer Mechanismus des Gruppenzusammenhalts, der sich in verschiedenen kulturellen Kontexten und zu unterschiedlichen Zeiten durch Rituale, Mythen, Erzählungen oder Verhalten manifestiert.
Redenschreiben
Wer Reden schreibt, bereitet die schriftliche Fassung von Reden vor, die bei besonderen Anlässen gehalten werden und bei denen es auf einen ausgearbeiteten Vortrag ankommt.
Offener Brief
Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.
Kommunikationsverweigerung
Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.
Schlagwörter
Politisch korrekt / Politische Korrektheit
Der Ausdruck politisch korrekt / Politische Korrektheit und die amerikanischen Vorbilder politically correct /P.C. / Political Correctness (Gegenteile, etwa politisch unkorrekt etc., sind mitzudenken) repräsentieren ein seit den frühen Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts populäres Deutungsmuster, mit dem weltanschauliche, ästhetische und politische Konflikte berichtet/bewertet werden, meist zuungunsten der als politisch korrekt bezeichneten Positionen, denen man eine überzogene, sowohl lächerliche als auch gefährliche Moralisierung unterstellt.
Verfassung
Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.
Toxizität / das Toxische
Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.
Zivilgesellschaft
Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.
Demokratie
Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.
Plagiat/Plagiarismus
Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.
Fake News
Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.
Lügenpresse
Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.
Antisemitismus
Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.
Grammatiknazi / Grammar Nazi
Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.
Verschiebungen
Versicherheitlichung
In akademischen Kontexten wird Versicherheitlichung in Abgrenzung zu einem naiv-realistischen Sicherheitsverständnis verwendet. Dieses betrachtet Sicherheit als einen universell erstrebenswerten und objektiv feststellbaren Zustand, dessen Abwesenheit auf das Handeln von Akteuren zurückzuführen ist, die feindselig, kriminell, unverantwortlich oder zumindest fahrlässig agieren.
Ökonomisierung
Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren
Moralisierung
Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.
Konstellationen
Skandal
Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.
DiskursReview
Review-Artikel
Relativieren – kontextualisieren – differenzieren
Die drei Handlungsverben relativieren, kontextualisieren, differenzieren haben gemein, dass sie sowohl in Fachdiskursen als auch im mediopolitischen Interdiskurs gebraucht werden. In Fachdiskursen stehen sie unter anderem für Praktiken, die das Kerngeschäft wissenschaftlichen Arbeitens ausmachen: analytische Gegenstände miteinander in Beziehung zu setzen, einzuordnen, zu typisieren und zugleich Unterschiede zu erkennen und zu benennen.
Wehrhafte Demokratie: Vom Wirtschaftskrieg zur Kriegswirtschaft
Weitgehend ohne Öffentlichkeit und situiert in rechtlichen Grauzonen findet derzeit die Militarisierung der ursprünglich als „Friedensprojekt“ gedachten EU statt.
Tagung 2025: „Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung und Delegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen
„Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung undDelegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen Tagung der Forschungsgruppe Diskursmonitor Tagung: 04. bis 5. Juni 2025 | Ort: Freie Universität...
„Remigration“ – Ein Riss im Schleier der Vagheit. Diskursive Strategien rund um das Remigrationskonzept und die Correctiv-Recherchen
Die am 10. Januar veröffentlichte Correctiv-Recherche über ein rechtes Vernetzungstreffen in Potsdam sorgte für erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit und die größten Demonstrationen gegen Rechtsaußen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Im Fokus der Kritik…
Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023
Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...
Tagung: Zur Politisierung des Alltags – Strategische Kommunikation in öffentlichen Diskursen (01.–03.02.2023)
Die (krisenbedingt verschärfte) Politisierung der Alltagsdiskurse stehen im Zentrum der hier geplanten Tagung. Antworten auf folgende Leitfragen sollen dabei diskutiert werden: Was sind die sozialen, medial-räumlichen und sprachlichen Konstitutionsbedingungen…
Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)
Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?
Was ist ein Volk?
Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.
Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!
Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…
Über einige Neuzugänge im (täglich wachsenden) Repertoire bellizistischer Kampf- und Kontaminationsbegriffe
[1] Was haben die Ausdrücke »Eskalationsphobie«, »Friedensmeute« und »Lumpenpazifismus« gemeinsam? Nun, zuerst einmal den Umstand, dass alle drei verdienstvolle Neuprägungen unserer medio-politischen Klasse sind…