DiskursGlossar

Mediale Kontrolle

Kategorie: Grundbegriffe
Verwandte Ausdrücke: Zensur, Überwachung
Siehe auch: Medien, Ideologie, Propaganda, Sagbarkeit
Autor: Stephan Packard
Version: 1.1 / Datum: 12.01.2023

Kurzzusammenfassung

Medien werden vielfältig zur Durchsetzung von Macht verwendet. So in der Zensur, wenn eine politische Selektion des Sagbaren und des Unsagbaren stattfindet; in der Propaganda, wenn eine Bevölkerung von den Ansichten oder wenigstens der Macht einer bestimmten Gruppe überzeugt werden soll; oder in der Überwachung, die unerwünschtes Verhalten nicht nur beobachten, sondern unwahrscheinlich machen soll. In der Forschung, die solche Techniken als mediale Kontrolle versteht, werden Machtverhältnisse, die sich so unter anderem auf Medien gründen, unter diesem Gesichtspunkt untersucht: Wie übertragen sich die besonderen Strukturen der eingesetzten Medien auf diese Machtverhältnisse? Dabei werden in der jüngeren Forschung besonders diskursanalytische Verfahren eingesetzt, die Machtverhältnisse an der tatsächlich realisierten Kommunikation untersuchen.

Es gibt dann mindestens drei verschiedene Arten von medialer Kontrolle: Intervention, Steuerung und Observation; die jeweils verschiedene Typen ausbilden, besonders auffällig Zensur, Propaganda und Überwachung. So lässt sich Zensur als einer von mehreren Typen der Intervention eines Kommunikationsvorgangs in einen anderen denken. Propaganda ist einer von mehreren Typen der Steuerung eines Kommunikationsvorgangs durch einen anderen, zumal Propaganda in der Regel nur funktioniert, wenn eine politische wirksame Instanz die Kommunikation eines Mediums steuern kann; starke Propaganda, die in Deutschland selten ist, erzwingt ihre Verbreitung und unterbindet Widerspruch. Überwachung kann schließlich als einer von mehreren Typen der Observation eines Kommunikationsvorgangs durch einen anderen verstanden werden. Im Vordergrund steht dabei die Verdoppelung medial kontrollierter Vorgänge durch die mediale Präsentation oder Repräsentation, die zu dem zunächst zu kontrollierenden Phänomen hinzukommt: etwa das Zensurgesetz zusätzlich zu den zensierten Veröffentlichungen, die nicht öffentlichen Anweisungen an Redaktionen zusätzlich zu den veröffentlichten Propagandabotschaften, oder die Aufzeichnung eines Telefonats durch Dritte zusätzlich zu der Übermittlung an den angerufenen Gesprächspartner.

Erweiterte Begriffsklärung

Unter den vielen Ansätzen zur Untersuchung der kommunikativen Aushandlung und Durchsetzung von Macht zeichnet sich die Forschung zur medialen Kontrolle durch die Hervorhebung von Konsequenzen aus medialen Strukturen gemäß der jüngeren kritischen Medienwissenschaft seit der Mitte des 20. Jahrhunderts aus. Vorher und gleichzeitig finden sich Untersuchungen zur Verwendung von Medien als Machtinstrumente sowie zur Formung des Mediengebrauchs durch Herrschaftsverhältnisse über sehr viele verschiedene weitere Disziplinen verstreut. So lassen sich schon die ersten antiken Auseinandersetzungen mit Rhetorik als technische Einweisung in Machttechniken verstehen, die zugleich kritische Fragen über die Legitimität der Verfahren sowie über den Charakter des jeweiligen Redners stellen, also sowohl an Sprechende als auch an Zuhörende adressiert sind. Die neuzeitlichen Anweisungen zur Propaganda, die seit den Glaubenskämpfen der frühen Neuzeit kirchliche und später auch staatliche Doktrin werden, geben diesen Fragen eine neue Gestalt, die um die Steuerung der an ein Massenpublikum gerichteten Informationen, Dogmen und Polemiken kreist. Die Auseinandersetzung um Ideologie seit der französischen Aufklärung und dann unter neuen Vorzeichen im Marxismus formt abermals neue Konzepte: Sie sollen die Abhängigkeit der politischen Positionen von Sendern und Empfängern von ihrer sozialen Situation deutlich machen. Die besonders einflussreiche Auseinandersetzung der kritischen Theorie in der Frankfurter Schule mit Propaganda und Ideologie im 20. Jahrhundert hat demgegenüber auf die Formung dieser Positionen durch den Mediengebrauch selbst hingewiesen (vgl. Adorno 1977). Damit ist der Mediengebrauch in Machtverhältnissen in wenigstens einer Hinsicht auf sich selbst zurückverwiesen: Macht entsteht unter anderem aus Mediengebrauch und formt unter anderem denselben Mediengebrauch.

Viele jüngere Ansätze zur Modellierung dieser doppelten Medialität gehen von der technischen oder semiotischen Struktur der jeweiligen ‚Mediendispositive‘ aus, also den Netzwerken aus u.a. Maschinen (Druckerpressen, Filmbühnen, Servern), Menschen (Autorinnen und Herausgerberinnen, Regisseure und Schauspieler, Admins und User), Objekten (Bücher, Filmrollen, wiederum Server!) und Fähigkeiten (schreiben, lesen, inszenieren, aufnehmen, sehen, programmieren, abrufen), die den Gebrauch eines bestimmten Mediums bestimmen. In dem lange Zeit prägenden Vokabular von Marshall McLuhan (1964: Kap. 1–2) wird dabei eine für Medien generell typische Verdoppelung von Wahrnehmungen betont, für die McLuhan die Begriffe ‚content‘ und ‚message‘ vorschlägt. Der Content eines Medienangebots ist der zunächst wahrgenommene Inhalt: Für eine Nachrichtensendung kann das z.B. der Bericht über ein Ereignis sein, für eine Werbeanzeige die Aufforderung zum Kauf, für einen Roman oder einen Spielfilm die darin vermittelte Erzählung. Die Message eines Mediums besteht dagegen in einer subtileren Botschaft, die in der Struktur des verwendeten Mediums selbst angelegt ist: Die Nachrichtensendung präsentiert das Fernsehen als tägliche Quelle verlässlicher Information, die Werbeeinspielung im Kino macht die Leinwand zu einem kommerziellen Kommunikationsmittel, der Roman legt eine andere Rezeptionshaltung nahe als der Besuch des Kinos, um den Spielfilm zu sehen. McLuhan weist nun daraufhin, dass der Content für gewöhnlich einem anderen, oft älteren Medium zu entstammen scheint als die Message, und die Konzentration auf diesen vordergründigen Inhalt deswegen die Struktur des wirklich verwendeten, oft jüngeren Mediums verbergen kann: Spielfilme werden vielleicht mit Theater oder mit Romanen verwechselt, Nachrichtensendungen mit Zeitungsjournalismus, Kinowerbung mit Marktschreiern usw.

Mediale Machtdurchsetzung als Kontrolle aufzufassen, setzt an dieser Verdoppelung als typischer Folge von Medieneinsatz an. Sie geht dabei von einem Muster der Kontrolle als frz. ‚contrôle‘, d.h. ‚contre rolle‘ (vgl. Seemann 2012) oder ‚Gegen-Schriftstück‘ aus, also einer Praxis, bei der eine erste Darstellung eines Sachverhalts mit einer zweiten, hoffentlich richtigeren verglichen wird, um Kontrolle auszuüben: so etwa, wenn Steuerpflichtige ihr Einkommen angeben und diese Angaben mit anderweitig erhobenen Zahlen verglichen werden. Damit stellt sich sofort die Frage nach der größeren Autorität der zweiten Kommunikation über die erste und also nach der Legitimität einer Macht, die eine Kommunikation zugunsten der anderen umformen will. So produzieren Überwachungskameras Bilder, die zur Kontrolle des Verhaltens von Personen etwa auf einem öffentlichen Platz bestimmt sind, die aber dieses Verhalten nur unter bestimmten Gesichtspunkten abbilden; diese Abbildung wird dann mit der bevorzugten Erscheinungsform richtigen oder falschen Verhaltens verglichen. Zensur geht von einer Form eines legitimen Diskurses aus und bespricht in der Kommunikation zwischen Zensurinstanzen, Gerichten, Gesetzgebung usw. die Eigenschaften des erwünschten und des tatsächlich vorliegenden Diskurses und vergleicht sie, um Abweichungen zu suspendieren oder zu bestrafen. Propaganda entwirft ebenso eine Gestalt der gewünschten Kommunikation und bespricht ebenso zwischen Propagandist_innen, Auftraggebenden, und ggf. wiederum staatlichen Legislativ- und Exekutivinstanzen, welche nun positiv zu produzierende Mediengestalt ihr entsprechen möge. In allen diesen Hinsichten kann die Differenz zwischen ,Content‘ (Verhalten auf Flugplätzen, tatsächliche Publikationen, entworfene Werbekampagnen) und ,Message‘ (Kamerabilder, Zensurgesetzgebung, politische Kampagne) dazu führen, dass die eine oder andere Seite verschleiert wird. Insofern diese Verschleierung selbst wiederum von Machtinteressen geleitet ist, ergibt sich das doppelte Verhältnis von Medien zu Macht in medialer Kontrolle.

Für die kritische Untersuchung medialer Kontrolle ist damit ein Ansatzpunkt gefunden: diese Verschleierung und ihre Funktion aufzudecken. Verschiedene Ansätze unterscheiden sich in ihren Annahmen, wie diese Kritik als Kontrolle zweiter Ordnung zu bewirken sei: Gibt es eine uns zugängliche, noch richtigere ‚contre rolle‘, an der die jeweils vorliegenden medialen Machtverhältnisse zu messen sind? Eine der bekanntesten Theorien medialer Kontrolle geht davon aus. In der Begriffsgeschichte ist mediale Kontrolle vor allem als ‚media control‘ in den Arbeiten Noam Chomskys, teils gemeinsam mit Edward S. Herman, besetzt. In dem gleichnamigen Manifest Chomskys (1991) kommt der Begriff jedoch außer im Titel nicht vor; methodisch wird stattdessen auf das Filtermodell aus der früheren Kollaboration mit Herman (1988) verwiesen. Es beschreibt fünf Mechanismen, die verhindern, dass Medien, insbesondere Nachrichtenmedien in den Vereinigten Staaten, Sachverhältnisse wahrheitsgemäß berichten (Abhängigkeit von Eigentümern, von Werbekunden, von eingeschränkten Quellenlagen, von Publikumsinteressen und von einer ideologischen Ablehnung des Kommunismus). Dass das Modell, das eine Intervention in die Berichterstattung und damit letztlich implizite Zensur beschreiben soll, in der Regel als ‚Propaganda-Modell‘ gehandelt wird, beschreibt die Schwierigkeit eines solchen Filtermodells, das jenseits des Filters die ‚eigentliche, richtige‘ Gestalt eines Berichts annehmen muss: Denn ob eine gesteuerte Produktion oder eine Intervention in eine vorausgehende Produktion vorliegt, wird aus dieser Perspektive schwer entscheidbar. Chomsky vertraut seinen Informationsquellen und stellt sie als richtige Fassung einer Meldung gegen jene, denen er misstraut. Wer sein Vertrauen nicht teilt, kann ihm im Einzelnen nicht folgen. Gleichzeitig geht dieses Modell von recht klar abgegrenzten, grundsätzlich vermeidbaren Kontrollmechanismen aus, hinter denen die unkontrollierte Nachricht zu finden sei.

Demgegenüber hat vor allem die Forschung zur subtileren Propaganda und Zensur seit den 1990er Jahren betont, dass mediale Kontrolle grundsätzlich unausweichlich und häufig implizit sei: Statt von Zensur abzusehen, stelle sich eher die Frage, wer zensieren solle (vgl. Schauer 1998; Bunn 2015); statt zensierte Rede von anderer zu unterscheiden, gehe es eher darum, auch für scheinbar freie Rede zu fragen, welche Machtverhältnisse sie geformt haben (vgl. Butler 1998, aber auch schon Adorno 1963). Dies entspricht McLuhans Umgang mit der Verdoppelung von Content und Message: Sie gibt Gelegenheit zur Kritik verkürzter Darstellungen und Wahrnehmungen, ist aber nicht grundsätzlich hintergehbar. Sie bietet McLuhan Anlass, die Medienwissenschaft auf die zu oft übersehene Message hinzuweisen. Gleichzeitig gehört es jedoch zur Funktionsweise von Medien überhaupt, dass Content und Message in eine Konkurrenz um die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit der Mediennutzenden treten müssen. Aus dieser Perspektive rückt eine Untersuchung medialer Kontrolle in die Nähe der kritischen Diskursanalyse, die seit Foucault (1972) von der grundsätzlichen Formung jedes Diskurses durch umfassende Machtverhältnisse ausgeht, so dass die Machtverhältnisse vor allem an der vorliegenden realisierten Kommunikation, dem Diskurs, zu untersuchen sind, und nicht mit dem Blick auf eine vorgestellte jenseitige Form unabhängig von allen Machtbedingungen. Gegenüber seinem Interesse an der allgemeinen Diskurszensur, der jede Kommunikation unterliegt, rückt die Auseinandersetzung mit den spezifischeren Formen der medialen Kontrolle den expliziten Zensurdiskurs, also die für Kontrolle typische Manifestation eines zweiten, mit Macht legitimierten Diskurses, hervor: Unter anderem etwa die Anklage- und Verteidigungsschreiben, Prozessunterlagen, Gesetzestexte, Expertisen und journalistischen Kommentare, die in einem öffentlichen Zensurfall anfallen.

Zwei Formationen, deren Beobachtung mir in der Untersuchung medialer Kontrolle aus dieser Perspektive besonders nützlich scheinen (vgl. Packard 2020), sind ,Exteriorität und ,Ubiquität, bei denen die Trennung der zwei medialen Formen von kontrollierender und kontrollierter Kommunikation entweder absolut gesetzt oder völlig verschwiegen wird. Unter dem Aspekt der ,Exteriorität‘ erscheint eine erste, vorgängige Kommunikation als unkontrolliert (etwa eine Publikation) und eine zweite, hinzukommende Kommunikation bei ihrer Kontrolle (etwa ein Indizierungsantrag) als eine der ersten Kommunikation äußerlich agierende Instanz. Unter dem Aspekt der ,Ubiquität‘ wird Kontrolle im Gegensatz dazu als allgegenwärtig verstanden, so dass sie keinen handelnden Akteur_innen mehr zugeschrieben wird (etwa allgemeine Regeln
von Anstand, Grammatik, Genre u.v.m.). Bei Diskursen, die von ,Exteriorität‘ geprägt sind, wird die äußere Position einer Macht ausübenden Instanz als Legitimation für die Intervention in andere Kommunikationen, für die Observation und Steuerung dieser Kommunikationen angenommen: Die Gewalt einer Herausgeberin über ihre Zeitschrift, die Autorität eines Kurators über sein Museum oder die Kompetenz einer Bundesprüfstelle zur Einschätzung jugendgefährdender Medien. Verhandlungen über die Legitimität solcher medialer Kontrolle betreffen dann regelmäßig die Qualität der Kontrollinstanzen selbst. Hier wäre ergänzend zu fragen, welche Annahmen über allgemeine Regeln der Kommunikation dabei gemacht werden, an denen sich Kontrollinstanzen und ihre Autorität messen lassen sollen. Demgegenüber wird bei Diskursen, die von Ubiquität geprägt sind, die Allgemeingültigkeit bestimmter Regeln vorausgesetzt: Nicht die Herausgeberin, sondern das Genre der Zeitschrift, nicht der Kurator, sondern ein vorausgesetzter allgemeiner Kunstbegriff, nicht die behördliche Instanz, sondern Annahmen über die Psyche von Jugendlichen überhaupt werden vorausgesetzt. Hier ist ergänzend zu fragen, wer diese allgemeinen Regeln feststellen und umsetzen darf.

Beispiele

(1) In den Tagen, in denen ich diesen Beitrag verfasse (November 2022), erleben wir eine Neuorientierung des Kurznachrichtendienstes Twitter nach der kommerziellen Übernahme des gleichnamigen Unternehmens durch Elon Musk. Musks Kontrolle über die Plattform wird einerseits als exterior begründet: Er ist ihr Eigentümer und könne nun damit verfahren, wie er wolle. Gleichzeitig legitimiert er seine Modifikationen jedoch regelmäßig mit einem Appell an eine allgemeine Meinungsfreiheit, die er etwa umsetze, indem er den zunächst blockierten Account des früheren US-Präsidenten Donald Trump wieder einsetzt. So müsse ubiquitäre Meinungsfreiheit schon wegen des Gleichheitsgrundsatzes schwerer wiegen als Sorgen um das Verhalten der dabei begünstigten mächtigsten kommunikativen Akteur_innen. Trumps Sperrung war zwei Jahre zuvor ebenso kontrovers diskutiert worden; auch die damalige Verwaltung der Plattform berief sich rechtlich auf ihre freie Entscheidung als Eigentümer, inhaltlich jedoch auf allgemeine Werte, die Trump durch seine Desinformation und seinen Populismus verletzt habe. Mindestens im deutschen Recht wäre indes Eigentum keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage nach der Kontrollinstanz; in mehreren Fällen konnten einzelne Nutzer_innen ihren Account auf Facebook etwa durch richterliche Anweisung wieder öffnen lassen, nachdem die Plattform sie blockiert hatte. Mit dem Verweis auf die ubiquitäre Bedeutung des jeweiligen sozialen Mediums, das dann als allgemeine Kommunikationsform statt als spezifisch kuratierte Publikation verstanden wird, wurden so andere exteriore Instanzen ermächtigt. Tatsächlich ist die Frage, wer die Kontrolle über einen zentralen Nachrichtendienst ausüben soll, ungeklärt und dringend klärungsbedürftig. Die Antwort wird Annahmen machen müssen, in denen sich Aspekte der Exteriorität und der Ubiquität gegenseitig überlagern oder sogar verschleiern. Je expliziter beide zugleich gemacht werden, umso klarer werden diese Vorschläge kritisierbar und verbesserbar sein.

(2) Der amerikanische Rechtsphilosoph Frederick Schauer (1998) beschreibt ein – hier etwas erweitertes – Gedankenspiel, in dem gefragt ist, wer entscheiden dürfe, was in einer Ausstellung zu sehen sei. Ein Künstler könnte eine Kuratorin beschuldigen, seine Werke zu Unrecht auszuschließen. Andererseits könnte sich die Kuratorin dagegen verwehren, von einer staatlichen Instanz bevormundet zu werden. Weitere Künstler_innen, die sich ein Werk aneignen und es für die eigene Arbeit verwenden wollen, könnten wiederum dem widerstrebenden Künstler vorwerfen, dass er ungerechtfertigte Kontrolle über sein eigenes Werk ausübe, usw. Alle diese Aushandlungen trennen das Kunstwerk als zu kontrollierenden Gegenstand von der jeweiligen Instanz, deren Kontrolle über das Werk befürwortet oder abgelehnt wird. Ergänzend wäre zu fragen: Welche allgemeinen Regeln über die Verfasstheit, Qualität und Grenzen eines Kunstwerks, über die Rollen von Kurator_innen, staatlichen Instanzen und Künstler_innen gehen diesen Auseinandersetzungen voraus? Wenn Schauer letztlich schlussfolgert, dass es keinen Kunstbetrieb ohne zensierende Instanzen gibt und man sich daher nur entscheiden könne, welche Instanz man ermächtigen wolle, ist zu fragen, wer die Regeln dafür definiert hat, was jede Instanz vermag, so dass Zensur nun als unausweichlich wahrgenommen wird.  

(3) Das Problem der Wiederverwendung von Kunstwerken in sozialen und anderen digitalen Medien ist seit Jahrzehnten ungelöst. Die Debatte reicht vom Vorwurf der ‚Raubkopie‘ bis zu jenen Praktiken der ‚Pastiche‘, die die europäische Rechtsprechung inzwischen als legitim anerkannt hat. Nach 2010 wurde einige Jahre lang in Deutschland unter anderem ein Vorschlag diskutiert, wonach die Verwendung von Kunstwerken katalogisiert werden sollte, um Kreative nach einem festen Schlüssel zu entlohnen. Die dafür verwendeten Mittel sollten aus ebenso festen Abgabe für die Mediennutzung erhoben werden. Einen konkreten Vorschlag machte etwa in Deutschland der Chaos Computer Club mit der sogenannten ‚Kulturwertmark‘ (2011; vgl. Packard 2012). Der Vorschlag diente dazu, bestehende Kontrollmechanismen auszusetzen, die den Remix, aber auch schon die Rezeption von Medien in digitalisierten Umgebungen erschwerten oder kriminalisierten: Diese Eingriffe wurden – sicherlich zu Recht – regelmäßig als illegitime Interventionen von exterioren Instanzen (die eine andere Rolle spielen als die Nutzer_innen), etwa kommerziellen Rechteinhabern oder Kontrollalgorithmen auf YouTube und anderen Plattformen, in den freien Gebrauch und den freien künstlerischen Ausdruck auf denselben Plattformen, oft sogar als Intervention in die Kommunikation zwischen den ursprünglichen Künstler_innen und ihrem Publikum wahrgenommen. Indessen setzt das Modell der Kulturwertmark ebenso auf Grundsätze für eine Kontrolle, die hier als allgemein gültige, ubiquitäre Werte vorausgesetzt und letztlich unsichtbar gemacht werden: Wie viel ist ein Kunstwerk wert? Wie viel seine einmalige Sichtung? Wie viel seine Verwendung in einem neuen Werk? Auch das bisherige Urheber- und Verwertungsrecht muss diese Entscheidungen immer wieder treffen, meist mit richterlichem Vorbehalt. In beiden Fällen lässt sich fragen: welche exteriore Instanz hat diese vermeintlich ubiquitären Werte (die für alle Instanzen unterschiedslos gelten sollen) in eine Regel gefasst, welche Entscheidungen hat sie dabei getroffen, und wie ist sie dazu ermächtigt worden? In aktuell verwirklichten Regelungen stellen sich diese Fragen etwa gegenüber Instanzen wie der GEMA und der VG Wort.

Literatur

Zum Weiterlesen

  • Baecker, Dirk (2012): Media Control. In: Mediale Kontrolle unter Beobachtung 1.1. Online unter: http://www.medialekontrolle.de/beitrage/media-control ; Zugriff: 22.11.2022.
  • Herman, Edward S.; Chomsky, Noam (1988): Manufacturing Consent. New York: Pantheon.
  • Packard, Stephan (2020): Diskursinterventionen in der Kritik medialer Kontrolle: Vier Thesen. In: Vogel, Friedemann; Deus, Fabian (Hrsg.): Diskursintervention. Normativer Maßstab der Kritik und praktische Perspektiven zur Kultivierung öffentlicher Diskurse. Wiesbaden: Springer, S. 39–53.

Zitierte Literatur

  • Adorno, Theodor W. (1977): Resümee über Kulturindustrie. In: Tiedemann, Rolf (Hrsg): Gesammelte Schriften, Band 10.1. Frankfurt/Main: Suhrkamp, S. 337–345.
  • Bunn, Matthew (2015): Reimagining Repression. New Censorship Theory and After. In: History and Theory 54.1, S. 25–44.
  • Butler, Judith (1998): Ruled Out. Vocabularies of the Censor. In: Post, Robert C. (Hrsg.): Censorship and Silencing. Practices of Cultural Regulation, Los Angeles: Getty, S. 247–260.
  • Chaos Computer Club (2011): Kulturwertmark. Chaos Computer Club (CCC) schlägt neues Vergütungsmodell für Kreative vor (Presseerklärung). Online unter: http://irights.info/userfiles/CCC_Konzept_Kulturwertmark.pdf ; Zugriff: 01.12.2022.
  • Chomsky, Noam (2002): Media Control. The spectacular achievements of propaganda. New York: Seven Stories Press.
  • Foucault, Michel (1972): L’ordre du discours. Paris: Gallimard.
  • Herman, Edward S.; Chomsky, Noam (1988): Manufacturing Consent. New York: Pantheon.
  • McLuhan, Marshall (1964): Understanding Media. The Extensions of Man. New York: McGraw-Hill.
  • Packard, Stephan (2020): Diskursinterventionen in der Kritik medialer Kontrolle: Vier Thesen. In: Vogel, Friedemann; Deus, Fabian (Hrsg.): Diskursintervention. Normativer Maßstab der Kritik und praktische Perspektiven zur Kultivierung öffentlicher Diskurse. Wiesbaden: Springer, S. 39–53.
  • Packard, Stephan (2012): Draußen und überall. Zwei heuristische Begriffe zur Diskursanalyse medialer Kontrolle. In: Mediale Kontrolle unter Beobachtung 1.2. Online unter: http://www.medialekontrolle.de/beitrage/drausen-und-uberall-zwei-heuristische-begriffe-zur-diskursanalyse-medialer-kontrolle ; Zugriff: 22.11.2022.
  • Schauer, Frederick (1998): The Ontology of Censorship. In: Post, Robert C.: Censorship and Silencing. Practices of Cultural Regulation. Los Angeles: Getty, S. 147–168.
  • Seemann, Michael (2012): Kontrolle und Kontrollverlust. In: Mediale Kontrolle unter Beobachtung 1.1. Online unter: http://www.medialekontrolle.de/beitrage/kontrolle-und-kontrollverlust ; Zugriff: 22.11.2022.

Zitiervorschlag

Packard, Stephan (2023): Mediale Kontrolle. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 12.01.2023. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/mediale-kontrolle.

DiskursGlossar

Grundbegriffe

Diskurskompetenz

Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.

Agenda Setting

Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.

Medien

Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.

Macht

Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.

Normalismus

Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.

Wissen

Kollektives Wissen von sozialen Gruppen ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel strategischer Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Es wird geprägt durch individuelle Erfahrung, aber auch in Diskursgemeinschaften kommunikativ geteilt – vor allem im Elternhaus, in Peergroups und Bildungseinrichtungen sowie durch Medienkonsum.

Werbung

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument von Unternehmen, das der Positionierung im Markt dient und je nach Situation des Unternehmens auf Einführung, Erhalt oder Ausbau von Marktanteilen und damit letztlich auf ökonomischen Gewinn abzielt.

Freund- und Feind-Begriffe

Freund-, Gegner- und Feindbegriffe sind Teil der Politischen Kommunikation. Sie bilden die Pole eines breiten Spektrums von kommunikativen Zeichen, mit denen politische Akteure sich selbst und ihre politischen Gegner im Kampf um beschränkte Ressourcen auf dem diskursiven Schlachtfeld positionieren.

Sprachpolitik / Sprachenpolitik

Sprachpolitik bezeichnet allgemein alle politischen Prozesse, die auf eine Beeinflussung der Sprachverwendung in einer Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft abzielen. Unterschieden wird häufig zwischen Sprachenpolitik und Sprachpolitik im engeren Sinne.

Sagbarkeit

Im öffentlichen Diskurs findet sich häufig die strategische Behauptung, dass bestimmte Fakten oder Meinungen unsagbar seien. Auf diese Weise wird zum Ausdruck gebracht, dass es Grenzen des Sagbaren gebe, die im öffentlichen Diskurs Geltung hätten.

Techniken

Offener Brief

Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.

Kommunikationsverweigerung

Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.

Flugblatt

Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.

Passivierung

Unter Passivierung versteht man die Formulierung eines Satzes in einer grammatischen Form des Passivs. Das Passiv ist gegenüber dem Aktiv durch die Verwendung von Hilfsverben formal komplexer. Seine Verwendung hat unter anderem zur Folge, dass handelnde Personen im Satz nicht genannt werden müssen, was beispielsweise in Gesetzestexten für eine (gewünschte) größtmögliche Abstraktion sorgt („Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Art. 3 GG).

Aufopferungs-Topos

Als Aufopferungs-Topos wird in der Diskursforschung ein Argumentationsmuster bezeichnet, das zwei strategische Funktionen erfüllen kann: einerseits kann es dazu dienen, mit der Behauptung eines besonderen Ressourceneinsatzes (z.B. Einsatz von Geld, Zeit oder emotionaler Belastung) einen hohen Achtungswert für eine Person, eine Sache bzw. für ein Ziel zu plausibilisieren. Andererseits können Akteure besondere Privilegien (wie z.B. Wertschätzung, Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte) reklamieren, wenn sie sich für eine bereits in der sozialen Bezugsgruppe hochgeschätzte Sache engagieren.

Opfer-Topos

Als Opfer-Topos bezeichnet man eine diskursive Argumentationsstrategie, bei der sich Akteure als ‚Opfer‘ gesellschaftlicher Urteilsbildung inszenieren und damit eigene Interessen – vor allem Aufmerksamkeit und Berücksichtigung von Bedürfnissen – geltend zu machen versuchen.

Analogie-Topos

Der Analogie-Topos zählt zu den allgemeinen bzw. kontextabstrakten Argumentationsmustern, die genutzt werden können, um für oder gegen eine Position zu argumentieren. Analogie-Topoi werden von verschiedenen Akteuren und Akteursgruppen strategisch eingesetzt, um eine zustimmende Haltung bei den Zielgruppen zu bewirken.

Topos der düsteren Zukunftsprognose

Der Topos der düsteren Zukunftsprognose beschreibt ein Argumentationsmuster, bei dem eine negative, dystopische Zukunft prognostiziert wird. Dabei wird auf die drohenden Folgen einer Krise oder einer allgemeinen Gefahr verwiesen, aus der eine negative Zukunft bei falschem Handeln resultieren wird.

Negativpreis

Ein Negativpreis ist eine Auszeichnung an Personen oder Organisationen (meist Unternehmen), die sich oder ihre Produkte positiv darstellen und vermarkten, ihre Versprechen aus Sicht des Preisverleihers allerdings nicht einhalten. Dabei dient der Preis durch seine Vergabe vor allem dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen, mediale Präsenz auf ein Thema zu lenken und den Preisträger in seinem moralischen Image zu beschädigen.

Be-/Überlastungs-Topos

Der Be-/Überlastungstopos ist ein Argumentationsmuster, das vorwiegend in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Als zu vermeidende Konsequenz einer konkreten Situation wird mit dem Be-/Überlastungstopos ein Be- bzw. Überlastungs-Szenario skizziert.

Schlagwörter

Verfassung

Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.

Toxizität / das Toxische

Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.

Zivilgesellschaft

Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.

Demokratie

Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.

Plagiat/Plagiarismus

Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.

Fake News

Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.

Antisemitismus

Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.

Grammatiknazi / Grammar Nazi

Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.

Respekt

Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.

Verschiebungen

Ökonomisierung

Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren

Moralisierung

Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.

Konstellationen

Skandal

Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.

DiskursReview

Review-Artikel

Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023

Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...

Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)

Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?

Was ist ein Volk?

Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.

Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!

Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…