DiskursGlossar

Domain-Grabbing

Kategorie: Techniken
Verwandte Ausdrücke: Domainwahl, Domain-Besetzung, Domain-Claiming, Domaingrabbing, Domain parking, Domainsnapping, Domainsquatting, Cybersquatting, Namejacking, Brandjacking, Pagejacking, Typing Error Hijacking, Type Writing Hijacking, Typosquatting, Tippfehler-Domain, Domainpiraterie, Domain name troll, E-Mail typosquatting, App squatting, DNS spoofing
Siehe auch: Guerillakommunikation, Identitätsdiebstahl
Autor: Friedemann Vogel
Version: 1.3 / Datum: 01.02.2022

Kurzzusammenfassung

Domain-Namen (z.B. diskursmonitor.de) sind registrierte, technisch gestützte und öffentlich abrufbare Bezeichner und Zeiger für Inhaltsangebote im Internet. Sie bestehen mehrheitlich aus natürlichen sprachlichen Zeichen (meist sinnvoll kombinierte Buchstabenketten). In speziellen Datenbanken mit IP-Adressen (z.B. 88.215.213.26) verknüpft fungieren sie als leichter erinnerbare Wegweiser zu den Speicherorten der jeweiligen Inhalte. Im World Wide Web sind Domain-Namen de facto die Voraussetzung für eine öffentliche Sichtbarkeit von Interessensgruppen und daher eine umkämpfte Ressource zur Steuerung von Aufmerksamkeit. Die Wahl eines Domain-Namens erfolgt entsprechend unter kommunikationsstrategischen Erwägungen, zumal wenn er die zu erwartenden Inhalte signalisieren und/oder mit einem bestimmten Akteur identifiziert werden soll.

In der Internetkommunikation finden sich verschiedene Praktiken, die aus Sicht von Dritten (v.a. Markenhaltern) als illegitime oder gar rechtswidrige Inanspruchnahme von Domain-Namen und damit verbundener Aufmerksamkeitssteuerung kritisiert werden. Zu diesen Praktiken der ‚Domain-Besetzung‘ (Domain-Claiming) gehört die kostenpflichtige Registrierung von bisher nicht vergebenen Domain-Namen in der Erwartung, diese könnten für konkurrierende Diskursakteure an Attraktivität gewinnen und dann gewinnbringend weiterverkauft werden (häufig als Domain-Grabbing bezeichnet). In anderen Fällen wird mit einem registrierten Domain-Namen eine prestigeträchtige Marke, ein populärer Name oder auch bekannte Slogans imitiert, um so irregeführte Internetuser auf eigene Inhalte zu führen und/oder den Marken-, Namen- oder Sloganhalter zu diskreditieren (Cybersquatting). Zuweilen werden zur Irreführung von Benutzern auch bekannte Domains mit typischen Tippfehlern eingesetzt (z.B. diskussmonitor.de; sog. Typosquatting).

Durch Domain-Besetzung angegriffene Akteure mit in der Regel größeren Ressourcen zahlen oft hohe Ablösesummen, greifen auf den Rechtsweg zurück, streben Schlichtungsverfahren an oder besetzen selbst präventiv eine große Anzahl möglicher Störer-Domains.

Erweiterte Begriffsklärung

Das Internet ist ein globales Netzwerk aus lokalen und regionalen Netzwerken. Internet-Inhalte wie Websiten sind auf Computern (,Servern‘) gespeichert, die mithilfe von Netzwerktechnik in dieses Netzwerk eingebunden sind. Damit ein Computer (z.B. ein Endgerät wie ein Smartphone) auf diese Inhalte zugreifen kann, müssen sich beide Geräte im Internet mit einer eindeutigen Nummer – der IP-Adresse – wechselseitig identifizieren können (z.B. 88.215.213.26).

Hinweis: Die im Folgenden genannten und nicht-verlinkten Domain-Namen können zu Werbe-, Malware- oder Phishing-Seiten führen. Zur Vermeidung von Sicherheitsrisiken rufen Sie diese Domains im Zweifel nicht auf.

Um den Zugriff für Nutzer des Internets (vor allem von Inhalten des World Wide Web, z.B. Websiten) zu vereinfachen, können Betreiber für ihre Internetserver an zentraler Stelle einen einmaligen Domain-Namen registrieren (z.B. tagesschau.de). Domains können aus Buchstaben des lateinischen Alphabets, Zahlen und einem Bindestrich bestehen, die nach konventionalisiertem Sprachgebrauch ,sinnvoll‘ angeordnet (z.B. Verwendung von Wörtern, Mehrworteinheiten wie deutsche-einheit.de oder gar satzwertigen Phrasen wie ich-kaufe-alles.de) oder auch bis auf wenige Ausnahmen beliebig kombiniert werden können (z.B. a1.de, df934jeupk02.com). Tatsächlich können einfache Verbraucher nur einen Teil des Domain-Namens, nämlich sogenannte ,Second-Level-Domains‘ registrieren, die von verschiedenen Registrierungsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene verwaltet werden. Die Einrichtung von ,Top-Level-Domains‘ (TLD), d.h. von Bezeichnern hinter dem letzten Punkt einer Webadresse (z.B. com, de, org), ist der internationalen Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) vorbehalten. ,Third-Level-Domains‘ bzw. ,Subdomains‘ dagegen (z.B. www., mail., about.) können unmittelbar vom Inhaber der Second-Level-Domain verwaltet werden, zum Beispiel um verschiedene Inhalts- oder Aufgabenbereiche auf dem eigenen Server zu strukturieren.

Grafik 1 Domaingrabbing
Abb. 1: Aufbau von Domain-Namen

Nach erfolgreicher Registrierung des Domain-Namens bei der zuständigen Behörde (für die Top-Level-Domain bzw. Länderkennung .de ist das Deutsche Network Information Center, denic, zuständig) wird die Kombination von Domain-Name und Server-IP-Adresse in Datenbanken auf ,Domain Name Servern‘ (DNS) – quasi ‚Telefonbücher‘ für Internetadressen – gespeichert und kann dort bei Bedarf von Endgeräten automatisiert abgerufen werden.

Für die Dauer der Registrierung fungieren Domain-Namen erstens als für Menschen leichter (als IP-Adressen) zu merkende, geschützte Stellvertreter oder Zeiger für ‚digitale Orte‘ im Internet (Verweisungs- und Zeigefunktion). Zweitens signalisieren Domain-Namen oftmals durch die Wahl und Bedeutung ihrer Teilausdrücke, welche Art von Inhalten der Benutzer beim Aufruf erwarten kann (Schlüsselwort- oder Signalfunktion). Nicht selten bestehen Domain-Namen drittens komplett oder in Teilen aus Namensbestandteilen, Markennamen oder Slogans aus der ‚analogen‘ Welt, die eine Identifizierung eines Akteurs (z.B. einer Institution, eines Unternehmens, als populäre Person o. ä.), eines Objektes oder Sachverhalts (z.B. ein bekanntes Produkt oder einen Ort) ermöglichen sollen (Identifizierungsfunktion). Letzteres ist besonders relevant im Falle von Akteuren oder Sachverhalten, die außerhalb des Internets über hohe Popularität und/oder über hohes Prestige verfügen. Die Zeigefunktion von Domain-Namen ist obligatorisch, Schlüsselwort- und Identifizierungsfunktion können fakultativ hinzukommen.

Im World Wide Web sind Domain-Namen de facto die Voraussetzung für eine öffentliche Sichtbarkeit von Interessensgruppen und damit eine umkämpfte Ressource zur Steuerung von Aufmerksamkeit. Mit anderen Worten: Wer keine (ansprechende) Domain registriert, dessen Inhaltsangebote sind zwar technisch weltweit über die IP-Adresse verfügbar, in den Weiten des globalen Netzwerks aber kaum auffindbar. Ähnliches gilt für Domain-Namen, die zwar registriert, aber zu unbekannt sind, als dass sie von Internetnutzern gezielt aufgerufen werden könnten. Die Wahl eines Domain-Namens erfolgt daher oft, in kommerziellen und politischen Kontexten fast immer, unter kommunikationsstrategischen Erwägungen, die auf eine möglichst gute Erinnerbarkeit bei der Adressatengruppe sowie Erfassung in Suchmaschinen (Suchmaschinenoptimierung / SEO) zielt. Erschwert wird die Wahl allerdings dadurch, dass mit zunehmender Zeit der Großteil (an)sprechender Domain-Namen bereits vergeben oder nur mit hohen Kosten zu erwerben ist.

Vor diesem Hintergrund haben sich kommunikationsstrategische Praktiken der Domain-Besetzung entwickelt, die aus Sicht von Dritten als illegitime oder gar rechtswidrige Inanspruchnahme von Domain-Namen und damit verbundener Aufmerksamkeitssteuerung kritisiert werden. Diese Konflikte um Registrierung, Haltung und ‚missbräuchliche‘ Verwendung von Domain-Namen firmieren in Medien, Informatik, Politik und Rechtswissenschaft unter verschiedenen Bezeichnungen, die nur geringfügig oder gar nicht fachterminologisch geprägt sind und teilweise auch unterschiedliche Phänomene erfassen. Zu den wichtigsten Praktiken zählen:

  1. Registrierung eines oder mehrerer Domain-Namen in der Erwartung, sie könnten für konkurrierende Diskursakteure in Zukunft an Popularität und/oder Prestige gewinnen und dann gewinnbringend weiterverkauft werden (meist als Domain-Grabbing bezeichnet). Professionalisierte ,Domain-Grabber‘ (in stigmatisierender Absicht zuweilen auch als Domain-Trolle bezeichnet) pflegen auf diese Weise ein teilweise lukratives Geschäft. Sie besetzen Tausende von Domain-Namen und beobachten auch automatisiert bereits vergebene attraktive Domain-Namen mit dem Ziel, sie nach Wiederfreigabe durch den vorherigen Inhaber umgehend zu besetzen (auch als Domain-Snapping bezeichnet).
  2. Während die Geschäftspraxis des Domain-Grabbings vielerorts als legitim gilt (Domain warehouse), ist Domain- oder Cybersquatting in vielen Ländern rechtlich umstritten und in den USA seit 1999 explizit untersagt (Anticybersquatting Consumer Protection Act, 15 U.S. Code § 1125(d); vgl. Marion und Twede 2020, 101 ff.). Cybersquatting ist eine Form des Domain-Grabbing, bei dem – so zumindest der Vorwurf – bewusst schreibungsidentische oder gleichklingende Ausdrucksanteile (Personennamen, Markennamen, Slogans u.ä.) in die Domainwahl integriert werden, die am Prestige populärer Internetangebote, Personen des öffentlichen Lebens und/oder Institutionen oder gar geschützte Unternehmens- und Produktmarken anknüpfen, mit dem Ziel, auf diese Weise irregeführte Internetuser auf eigene Inhaltsangebote (z.B. Produkt- oder Wahlwerbung) zu lenken oder den irreführenden Domain-Namen an den vom ‚Squatting‘ Betroffenen gewinnbringend zu veräußern. Letzteres ist oft dann der Fall, wenn der Domain-Name und/oder die damit verknüpften Internetangebote das Prestige der Person oder Unternehmensmarke mit negativen Attributen in Verbindung bringen (siehe Beispiele unten).
  3. Eine formseitige, und auch nach deutscher Rechtsprechung streng geahndete (Hoeren 2015: 13) Variante des Cybersquatting ist die Registrierung von Domain-Namen, die – abgesehen von wenigen Schreibungs- bzw. Tippfehlern – bereits existierenden, populären Domain-Namen gleichen (z.B. org). Die oft als Typosquatting (oder Tippfehlerdomain, Typing Error Hijacking, Type Writing Hijacking u.a.) bezeichnete Praktik antizipiert typische Tippfehler von Internetnutzern, um diese in aller Regel missbräuchlich auf eigene Websiten zu führen (vgl. Spaulding et al. 2017): Weglassung von Punkten (wwwSouthwest.com), Buchstaben-Weglassungen (Disney.com), Ersetzung von Buchstaben oder Zeichen, die auf der Tastatur nah beieinander liegen (z.B. s/d), Vervielfachung einzelner Buchstaben oder Zeichen (Googlle.com). Wird die so erreichte Ziel-Website der unter dem fehlerfreien Domain-Namen üblicherweise erwarteten Website gestalterisch nachgebaut, handelt es sich oft um gefährliche Phishing-Angriffe: Die Inhaber der Tippfehlerdomain versuchen, dem irrenden User sensible Informationen (z.B. Logindaten, Kreditkartennummern o.ä.) zu entlocken. Diese Gefahr besteht auch im Falle von E-Mail typosquatting (Szurdi und Christin 2017), bei dem Angreifer für typische Tippfehler-Domains (z.B. gmaiql.com oder ho6mail.com) E-Mail-Server einrichten und versehentlich falsch adressierte (weil Tippfehler enthaltende) Nachrichten abfangen. Werden durch kalkulierte Tippfehler manipulierte Mobile Apps an Internetuser verteilt, spricht man auch von App Squatting (Hu et al. 2020).
  4. Im Falle von DNS Spoofing (auch: DNS poisoning) handelt es sich schließlich um eine eher indirekte Form der Domain-Besetzung. Im Unterschied zu Grabbing oder Squatting erfolgt der (inkriminierte) Angriff allerdings nicht über das illegitime offizielle Registrieren von Domain-Namen, sondern durch eine Manipulation der bereits bestehenden Verknüpfung von IP-Adresse und Domain-Name (vgl. Kurose und Ross 2013: 143; Wei und Heidemann 2020). Hierzu verändern meist professionalisierte Akteure mit erweiterten IT-Kenntnissen (Geheimdienste und/oder organisierte Kriminalität) die Zuordnungstabellen in DNS-Servern oder DNS-Zwischenspeichern, sodass ein Internetuser trotz korrekter Domain-Eingabe im Browser eine falsche IP-Adresse erhält und damit unwissentlich auf manipulierte Zielserver (mit Malwareseiten, Falschinformationen o.ä.) gerät. Für technische Laien sind Domain-Besetzungen dieser Art praktisch nicht erkennbar.

Das Gelingen der zuvor beschriebenen Praktiken (1-3) hängt vor allem vom jeweiligen Rechtsraum der Domainregistrierungsstelle, der Attraktivität (und damit dem symbolischen wie ökonomischen Wert) von Domain-Namen für die Konfliktbeteiligten sowie den zur Verfügung stehenden Ressourcen für Rechtsstreitigkeiten ab. Ob die Registrierung eines Domain-Namens illegitim oder gar rechtswidriges Squatting ist, ist grundsätzlich Gegenstand von semantischen Kämpfen, die ressourcenstärkere Parteien sehr viel eher für sich entscheiden können (vgl. dazu auch Computerwoche 2000). Der Vorwurf des Cybersquattings kann auch instrumentalisiert werden, um unliebsame Konkurrenten aus dem Feld zu drängen und/oder ansonsten kostspielige Domain-Übernahmen vergleichsweise günstig durchzusetzen. Deutlich wird diese Ungleichheit schon dadurch, dass der Vorwurf ‚Cybersquatting‘ vor allem dann für Übernahmeansprüche geltend gemacht werden kann, wenn zuvor entsprechende Markennamen angemeldet wurden. Diese Voraussetzung benachteiligt entsprechend ressourcenärmere Länder: Die Anmeldungen von Marken konzentrierten sich 2018 auf wenige, vor allem westliche Industrieländer (darunter vorneweg Länder Mitteleuropas, die USA und China; afrikanische Länder sind dagegen deutlich unterrepräsentiert; vgl. WIPO 2021). Die Verknüpfung von Domain-Ansprüchen an Markenrechte führt andererseits dazu, dass professionalisierte Domain-Besetzer kurzfristig künstliche Marken anmelden allein mit dem Zweck, auf diese Weise bestimmte Domain-Namensregistrierungsanträge zu stützen (vgl. Heise Online 2006).

Privatpersonen mit kleinem Geldbeutel scheuen in der Regel eine kostspielige anwaltliche Verteidigung gegen den Vorwurf der illegitimen Domain-Besetzung und geben die infrage stehenden Domain-Rechte meist gegen geringe Kompensationsgelder oder gar gegen eine Abmahngebühr widerstandslos ab. Die einzige Chance, sich gegen willkürlich-instrumentalisierte Squatting-Vorwürfe zur Wehr zu setzen, besteht in einer medial gestützten Selbstskandalisierung im Deutungsrahmen ‚David gegen Goliath’: Wenn der Fall öffentliche Aufmerksamkeit erregt und für den Rechte-Beanspruchenden ein Imageverlust droht, können zuweilen auch kleine Parteien ihre Domainansprüche verteidigen – wie im Fall des Streits zwischen einem einfachen Religionslehrer und einem klagenden Starkoch (vgl. Wochenblatt 2017) oder zwischen einem Mädchen und einem Medienkonzern (vgl. PCWelt 2001).

Die gerichtliche Durchsetzung von Domain-Ansprüchen gegenüber Domain-Besetzern mit Verweis auf verletzte Markenschutzrechte ist nicht in allen Ländern möglich. Im internationalen Rechtsraum können Konfliktbeteiligte auch im Rahmen von Schlichtungsverfahren eine Einigung anstreben; die zuständige World Intellectual Property Organization (WIPO) hat zu diesem Zweck 1999 eine Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP) entwickelt und seitdem bereits tausende Verfahren abgewickelt. Wenn rechtliche oder mediatorische Verfahren zur Übernahme von durch Squatting besetzten Domain-Namen nicht möglich oder zielführend sind, bleibt für Konkurrenten schließlich nur ein reaktiver Kampf um die Authentizität der konkurrierenden Webinhalte (z.B. in Form von Warnhinweisen vor Tippfehlern und drohenden Phishing-Angriffen). Für ressourcenstarke Akteure wohl viel wichtiger (und auch nur ihnen möglich) ist dagegen das präventive Grabbing (also das Aufkaufen) von durch Cybersquatting oder andere Besetzungspraktiken bedrohten Domain-Namen als flankierende Zugänge (mit automatischer Weiterleitung) zur eigenen Hauptdomain. Der ehemalige Präsident der USA, Donald Trump soll etwa präventiv mehrere Tausend Domains registriert haben, die in irgendeiner Form eigene Namensbestandteile oder die anderer Familienangehöriger enthielten (vgl. CNN Business 2017) und die potentiell als Stigma-Domains gegen ihn gerichtet werden könnten, wie TrumpFraud.org oder TrumpScam.com.

Beispiele

Praktiken der Domain-Besetzung gehören heutzutage zum Alltag des Internets. Aufmerksamkeit und Popularität in öffentlichen Medien erregen dagegen meist nur wenige Fälle, oft in humoristischer und/oder skandalisierender Absicht, aus Wirtschaft (Beispiele 1 und 2) und Politik (Beispiele 3 bis 5). In allen Fällen hier dient die Besetzung dazu, vom Prestige bzw. der (temporären) Popularität einer schreibungsähnlichen Domain zu profitieren, um eigene Inhalte zu popularisieren und/oder den Eigner der Domain (Unternehmen oder politische Partei) öffentlich zu kritisieren.

(1) Das Kreditauskunftsunternehmen Equifax geriet 2017 in die Kritik, als Hacker Kreditinformationen über ca. 140 Millionen Personen entwenden konnten. Um Kunden über den Vorfall aufzuklären und ihnen die Möglichkeit zur Registrierung für Entschädigungsprogramme zu geben, eröffnete das Unternehmen eine Website unter der Domain com. Um darauf aufmerksam zu machen, wie wenig diese Seite vor missbräuchlicher Domain-Besetzung (hier mittels Typosquatting und Phishing) geschützt war, eröffnete ein IT-Entwickler zu Demonstrationszwecken die Phishingseite securityequifax.com. Dem Beispiel folgte im Anschluss auch die Satireshow Last Week Tonight: die Redaktion besetzte die weitere Domain equifaxfraudprevention.com, um darauf aufmerksam zu machen, dass das Unternehmen noch immer nicht präventiv alle relevanten Domains gesichert hatte und damit Kunden einer erneuten Gefahr aussetzte. Equifax rief im Spätjahr 2017 schließlich das WIPO Arbitration and Mediation Center an und konnte (mit Verweis auf verletzte Markenrechte) Ansprüche zur Übernahme dieser und weiterer Domain-Namen durchsetzen (Case No. D2017-1880).

(2) Die Inhaberfamilie (Sackler) eines der größten Pharma-Unternehmen in den USA geriet 2021 in die Kritik, Opioid-Abhängigkeiten aus Profitgründen aktiv zu befördern. Als Gegenstrategie setzte das Unternehmen auf Rückzug aus der Öffentlichkeit, juristische Blockadeversuche sowie auf eine Webseite unter der Domain info, um das eigene Image zu verbessern. Die satirische Nachrichtensendung Last Week Tonight informierte in einem Video-Segment über den Fall und registrierte im August 2021 den sich lediglich in der Top-Level-Domain (com statt info) unterscheidenden Domain-Namen judgeforyourselves.com. Die mit dieser Domain bis heute (11.01.2022) erreichbare Website kommentiert die strategische Kommunikation der Sackler-Familie (u.a. Aussageverweigerung und Lügen im Gerichtsverfahren). Die Ausstrahlung der Sendung erfolgte am 09.08.2021 und findet sich heute noch auf gängigen Videostreaming-Portalen.

(3) Im Bundestagswahlkampf 2021 registrierte und besetzte die SPD die Domain bereit-weil-ihr-es-seid.de, übernahm – zumindest im digitalen Raum – das Identifikationszeichen (den Wahlkampfslogan) von Bündnis 90/Die Grünen und führte damit potentielle WählerInnen auf eine eigene Kampagnenseite (siehe Screenshot). Die direkte und humoristische Ansprache des politischen Gegners auf der Startseite lässt erkennen, dass die Domain-Besetzung weniger zur ernsthaften Abwerbung von Grünen-Wählern diente, sondern vielmehr generell mediale Aufmerksamkeit auf sich und damit das eigene Wahlprogramm lenken sollte. Möglich war dies nur, weil die Wahlkampfstrategen von Bündnis 90/Die Grünen es offenbar versäumt hatten, frühzeitig ihren Slogan als Domain zu registrieren. Dies gilt offenbar auch für die Variante mit der Top-Level-Domain org, die von einer Online-Marketing-Managerin zu Selbstwerbezwecken besetzt wird und bei Aufruf automatisch auf ihr persönliches Linked-In-Profil weiterleitet.

Grafik 2 SPD Domain
Abb. 2: Screenshot der durch die SPD besetzten Domain bereit-weil-ihr-es-seid.de im WebArchive.

(4) Eine Domain-Besetzung als Teil einer Negativkampagne findet sich im bayerischen Landtagswahlkampf 2018. In diesem Fall versäumte es die CSU, ihren zentralen Werbeslogan Söder macht’s als Domain soeder-machts.de zu registrieren. Die SPD ergriff die Gelegenheit und führte CSU-WählerInnen auf eine Kampagnenseite, die politische Misserfolge der CSU aufzählte und ihnen eigene politische Forderungen gegenüberstellte. Die Domain ist heute (11.01.2022) wieder frei, lässt sich mitsamt der Startseite aber noch im Internet Archive nachvollziehen (vgl. auch RP Online vom 2018).

Grafik 3 Soeder machts
Abb. 3: Screenshot der durch die SPD besetzten Domain soeder-machts.de im Internet Archive vom August 2018.

(5) Bereits 2002 registrierten und besetzten Die Grünen im Bayerischen Landtag die Domain stoiber-for-bundeskanzler.de und führten BesucherInnen damit auf eine Negativkampagnen-Website, um das Image Stoibers medienwirksam anzugreifen. Soweit es sich über das Internet Archiv nachvollziehen lässt, wurde die Domain nach Wahlkampfende automatisch auf die Fraktionsseite der Grünen weitergeleitet (mindestens bis ins Jahr 2005 hinein), vermutlich 2005 dann wieder freigegeben. Unmittelbar im Anschluss registrierten wahrscheinlich Marketing-Akteure die Domain, um ihre Popularität parasitär für Google Bombing bzw. Suchmaschinen-Spamming zu instrumentalisieren. Heute (11.01.2022) ist die Domain nicht vergeben.

Grafik 4 Stoibers Welt
Abb. 4: Screenshot der durch die Bayerischen Grünen besetzten Domain und dort hinterlegten Website stoiber-for-bundeskanzler.de vom September 2002 im Internet Archive.
Grafik 5 Stoiber
Abb. 5: Screenshot der durch die Bayerischen Grünen besetzten Domain und dort hinterlegten Website stoiber-for-bundeskanzler.de vom Januar 2006 im Internet Archive.

 

Literatur

Zum Weiterlesen

  • Marion, Nancy E.; Twede, Jason (2020): Cybercrime. Santa Barbara: ABC-CLIO LLC.

Zitierte Literatur

Abbildungsverzeichnis

Zitiervorschlag

Vogel, Friedemann (2022): Domain-Grabbing. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 01.02.2022. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/domain-grabbing.

DiskursGlossar

Grundbegriffe

Diskurskompetenz

Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.

Agenda Setting

Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.

Medien

Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.

Macht

Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.

Normalismus

Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.

Wissen

Kollektives Wissen von sozialen Gruppen ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel strategischer Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Es wird geprägt durch individuelle Erfahrung, aber auch in Diskursgemeinschaften kommunikativ geteilt – vor allem im Elternhaus, in Peergroups und Bildungseinrichtungen sowie durch Medienkonsum.

Werbung

Werbung ist ein Kommunikationsinstrument von Unternehmen, das der Positionierung im Markt dient und je nach Situation des Unternehmens auf Einführung, Erhalt oder Ausbau von Marktanteilen und damit letztlich auf ökonomischen Gewinn abzielt.

Mediale Kontrolle

Medien werden vielfältig zur Durchsetzung von Macht verwendet. So in der Zensur, wenn eine politische Selektion des Sagbaren und des Unsagbaren stattfindet; in der Propaganda, wenn eine Bevölkerung von den Ansichten oder wenigstens der Macht einer bestimmten Gruppe überzeugt werden soll; oder in der Überwachung, die unerwünschtes Verhalten nicht nur beobachten, sondern unwahrscheinlich machen soll.

Freund- und Feind-Begriffe

Freund-, Gegner- und Feindbegriffe sind Teil der Politischen Kommunikation. Sie bilden die Pole eines breiten Spektrums von kommunikativen Zeichen, mit denen politische Akteure sich selbst und ihre politischen Gegner im Kampf um beschränkte Ressourcen auf dem diskursiven Schlachtfeld positionieren.

Sprachpolitik / Sprachenpolitik

Sprachpolitik bezeichnet allgemein alle politischen Prozesse, die auf eine Beeinflussung der Sprachverwendung in einer Gesellschaft oder Sprachgemeinschaft abzielen. Unterschieden wird häufig zwischen Sprachenpolitik und Sprachpolitik im engeren Sinne.

Techniken

Offener Brief

Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.

Kommunikationsverweigerung

Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.

Flugblatt

Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.

Passivierung

Unter Passivierung versteht man die Formulierung eines Satzes in einer grammatischen Form des Passivs. Das Passiv ist gegenüber dem Aktiv durch die Verwendung von Hilfsverben formal komplexer. Seine Verwendung hat unter anderem zur Folge, dass handelnde Personen im Satz nicht genannt werden müssen, was beispielsweise in Gesetzestexten für eine (gewünschte) größtmögliche Abstraktion sorgt („Niemand darf wegen seines Geschlechts […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Art. 3 GG).

Aufopferungs-Topos

Als Aufopferungs-Topos wird in der Diskursforschung ein Argumentationsmuster bezeichnet, das zwei strategische Funktionen erfüllen kann: einerseits kann es dazu dienen, mit der Behauptung eines besonderen Ressourceneinsatzes (z.B. Einsatz von Geld, Zeit oder emotionaler Belastung) einen hohen Achtungswert für eine Person, eine Sache bzw. für ein Ziel zu plausibilisieren. Andererseits können Akteure besondere Privilegien (wie z.B. Wertschätzung, Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte) reklamieren, wenn sie sich für eine bereits in der sozialen Bezugsgruppe hochgeschätzte Sache engagieren.

Opfer-Topos

Als Opfer-Topos bezeichnet man eine diskursive Argumentationsstrategie, bei der sich Akteure als ‚Opfer‘ gesellschaftlicher Urteilsbildung inszenieren und damit eigene Interessen – vor allem Aufmerksamkeit und Berücksichtigung von Bedürfnissen – geltend zu machen versuchen.

Analogie-Topos

Der Analogie-Topos zählt zu den allgemeinen bzw. kontextabstrakten Argumentationsmustern, die genutzt werden können, um für oder gegen eine Position zu argumentieren. Analogie-Topoi werden von verschiedenen Akteuren und Akteursgruppen strategisch eingesetzt, um eine zustimmende Haltung bei den Zielgruppen zu bewirken.

Topos der düsteren Zukunftsprognose

Der Topos der düsteren Zukunftsprognose beschreibt ein Argumentationsmuster, bei dem eine negative, dystopische Zukunft prognostiziert wird. Dabei wird auf die drohenden Folgen einer Krise oder einer allgemeinen Gefahr verwiesen, aus der eine negative Zukunft bei falschem Handeln resultieren wird.

Negativpreis

Ein Negativpreis ist eine Auszeichnung an Personen oder Organisationen (meist Unternehmen), die sich oder ihre Produkte positiv darstellen und vermarkten, ihre Versprechen aus Sicht des Preisverleihers allerdings nicht einhalten. Dabei dient der Preis durch seine Vergabe vor allem dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen, mediale Präsenz auf ein Thema zu lenken und den Preisträger in seinem moralischen Image zu beschädigen.

Be-/Überlastungs-Topos

Der Be-/Überlastungstopos ist ein Argumentationsmuster, das vorwiegend in der politischen Kommunikation eingesetzt wird. Als zu vermeidende Konsequenz einer konkreten Situation wird mit dem Be-/Überlastungstopos ein Be- bzw. Überlastungs-Szenario skizziert.

Schlagwörter

Verfassung

Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.

Toxizität / das Toxische

Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.

Zivilgesellschaft

Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.

Demokratie

Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.

Plagiat/Plagiarismus

Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.

Fake News

Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.

Antisemitismus

Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.

Grammatiknazi / Grammar Nazi

Das überwiegend negativ konnotierte Schlagwort Grammatiknazi – als Übersetzung von engl. grammar nazi – wird zur Benennung von Personen verwendet, die meist in eher informellen Kontexten der öffentlichen Internetkommunikation (u. a. in Foren, Kommentarbereichen auf Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken) ungefragt Sprachkritik an den Äußerungen anderer (häufig fremder) Kommunikationsteilnehmer*innen üben.

Respekt

Respekt oder respektvolles Verhalten wird eingefordert für die Eigengruppe (bzw. von der Eigengruppe), für wirklich oder vermeintlich diskriminierte Gruppen, für abweichende Meinungen. Mitgemeint ist bei der Forderung nach Respekt meist eine positiv bewertete Szene der (sozialen, kulturellen, ethnischen, sexuellen etc.) Vielfalt/Diversität.

Verschiebungen

Ökonomisierung

Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren

Moralisierung

Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.

Konstellationen

Skandal

Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.

DiskursReview

Review-Artikel

Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023

Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...

Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)

Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?

Was ist ein Volk?

Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.

Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!

Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…