DiskursGlossar
Diminutiv
Kategorie: Techniken
Verwandte Ausdrücke: Diminution, Verkleinerung, Verniedlichung
Siehe auch: Passivierung, Bedeutung, Aufwertung, Lexikalisches Diffundieren, Konnotation
Autor: Maximilian Schneider
Version: 1.0 Datum: 05.11.2024
Kurzzusammenfassung
Die Diminution oder auch ‚Verkleinerung‘ bzw. ‚Verniedlichung‘ ist ein sprachliches Phänomen, welches sowohl in schriftlichen Texten als auch in mündlicher Kommunikation häufig Anwendung findet. Dabei gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Diminution, zum einen anwendbar auf Substantive, zum anderen aber auch auf Adjektive und Verben. Die semantischen Effekte, die sich aus der Anwendung des Diminutivs ergeben, können von einer Größenzuschreibung in Form von ‚klein‘ bis hin zur affektiven Auf- bzw. Abwertung von Personen, Objekten und Sachverhalten reichen. Die häufigsten Diminutiv-Formen im Deutschen sind die Endungen –chen und –lein: So wird aus einem großen Baum ein kleineres Bäumchen und aus einer Blume wird ein ‚süßes‘ Blümlein. Auch in Politik, Wirtschaft, Presse und Werbung werden Diminutiv-Formen zu rhetorischen Zwecken eingesetzt, um etwa emotionale Nähe zu konstruieren (unser Ländle), eine Person abzuwerten (die ist auch so ein Fräulein), einen als ‚riskant‘ geltenden Sachverhalt zu ‚verharmlosen‘ (ein Bierchen) oder eine ‚Sachverhaltsbanalisierung‘ zurückzuweisen (Ihre Demonstratiönchen).
Erweiterte Begriffsklärung
Zu Etymologie und Bildung des Diminutivs. Der Begriff Diminutiv entstammt dem Lateinischen und lässt sich von dem Verb ‚diminuere‘ (‚vermindern‘, ‚beeinträchtigen‘) und dem dazugehörigen Substantiv ‚deminutio‘ (‚Verminderung‘, ‚Verringerung‘, ‚Herabsetzung‘) ableiten (vgl. IDS 2022; DUDEN 2020: 356; Petschening/Skutsch 2006: 147). Der Ausdruck findet sich in der sprachwissenschaftlichen Terminologie; in Alltag und Schule wird synonym eher von Verkleinerung gesprochen. Als Parallelausdrücke, welche ebenfalls aus dem Lateinischen entlehnt sind, können Diminutivum (Singular) bzw. Diminutiva (Plural) angesehen werden. In der Sprachwissenschaft beschreiben diese Ausdrücke das grammatisch-semantische Phänomen der Verkleinerung von Substantiven (z. B. Jüngling, Vögelchen, Häuschen), Adjektiven, Adverbien und Verben. Es zählt als Wortbildungsmuster zur Derivation, einer Form der Modifikation, bei der an die Basis des Grundwortes ein nicht selbst bedeutungstragender Zusatz (Affix) angehängt wird, die syntaktische Funktion jedoch gleich bleibt. Dies kann einerseits durch Präfigierung (Ergänzungen am Anfang des Basislexems: un-bekannt) erfolgen, andererseits durch das Anhängen von Endungen (Suffixen: glück-lich). Letztere ist die typische Variante der Diminution im Deutschen.
Während durch Diminuierung von Substantiven diesen häufig die Eigenschaft ‚klein‘ zugeschrieben wird, kann sie bei Verben eine wiederholende Bedeutung oder eine Veränderung der Intensität der Handlung bewirken (Schläfchen). Bei Adjektiven wird meist der Grad der Eigenschaft vermindert (vgl. Würstle 1992: 27): So kann bspw. eine schwache Person als schwächlich degradiert oder der Gesundheitszustand einer kranken Person als kränkeln beschrieben werden. Hierbei ist immer auch die affektiv-expressive Dimension zu berücksichtigen, der verschiedene Absichten zugrunde liegen können. Mit dem Diminutiv kann emotionale Nähe – also Bekanntheit, Sympathie, Zuwendung und Vertrautheit – oder auch Verniedlichung ausgedrückt werden, wie es bei Ruf- und Kosenamen (sog. Hypokoristika) oft der Fall ist (z. B. Hans – Hänschen; Maus – Mäuschen). Ebenfalls können Herabsetzung, Geringschätzung, Abneigung oder Verachtung konnotativ assoziiert werden (Das Fräulein glaubt, es sei was Besseres). Dabei ist die Bildung von Diminutiven in der Regel situationsgebunden und eröffnet eine weite Spannbreite an Interpretationsmöglichkeiten, welche sich erst aus der pragmatischen Interpretation des Kontextes erschließen lassen (vgl. Würstle 1992: 50 und Pellegrini 1977: 33).
Die Anwendung des jeweiligen Diminutions-Suffixes richtet sich in der Regel nach dem Auslaut der Basis (vgl. Pellegrini 1977: 3). Die produktivsten bzw. vitalsten Diminutiv-Suffixe im Deutschen sind die Endungen –chen (dialektale Varianten: -(s)ken) und –lein (dialektale Varianten: –le, –el, –erl, –li, –la). Sie „können an jedes Substantiv angehängt werden, wobei bestimmte formale, lautliche sowie semantische Restriktionen zu berücksichtigen sind“ (Würstle 1992: 53; Hervorhebungen durch den Autor). Das Suffix –chen (z. B. Häuschen) ist in der Schriftsprache am meisten verbreitet, wohingegen die oberdeutsche Endung –lein (z. B. in Blümlein) lediglich in bestimmten Textsorten wie Märchen, Lyrik oder geistlicher Prosa zu finden ist (vgl. Würstle 1992: 58). Pellegrini beschreibt die Verwendung dieses Suffixes als „gehoben, altertümlich“ (Pellegrini 1977: 5). Eine Kombination aus beiden Diminutiv-Suffixen ergibt sich bei der doppelten Verkleinerung (z. B. Jüng–el–chen, Büch–el–chen). Die Diminuierung mittels der Endung –chen lässt sich auch auf Adverbien übertragen (z. B. schönchen, stillchen, gröbchen) sowie auf substantivierte Adjektive (z. B. Dummchen aus dumm, Liebchen aus lieb); es produziert allerdings unabhängig von der Basis maßgeblich Substantive. Außerdem ist es neben der Endung –lein das einzige Diminutiv-Suffix, welches Plurale – und auch nur solche auf der Endung –er (z. B. Kinder) – diminuieren kann (vgl. Kinderchen und Kinderlein). Hinsichtlich der produktiven Diminuierung ist meistens mit einer Umlautung (Vokalveränderung) zu rechnen wie bei Schaum, aus dem ein Schäumchen wird. Die oben genannten Endungen
[…] lassen sehr häufig zugunsten der Sprecherperspektive der ‚subjektiven Einschätzung‘, ‚Anteilnahme‘ oder ‚Teilhabe‘ das objektive Merkmal der Kleinheit in den Hintergrund treten. Dies wird vor allem dann deutlich, wenn objektiv gar nicht verkleinert werden kann, im Falle von Namen oder Verwandtschaftsbeziehungen (Väterchen) oder festen Zeit- und Maßangaben (Jährchen, Stündchen, Pfündchen) (Würstle 1992: 62; Hervorhebungen übernommen).
Weitere Diminutiv-Affixe sind (vgl. den Überblick in Donalies 2006: 38–40; Grimm 1967: 639–659; Pellegrini 1977: 5 f. sowie Würstle 1992: 53–56):
- –ette (z. B. Zigarette): aus dem Französischen entlehnt; diminuierender Charakter ist nicht mehr erkenntlich
- –el (z. B. Haarbüschel, Bändel): heutzutage unproduktiv, da es nur noch in isolierten Wörtern mit eigenständigen Bedeutungen auftritt
- –elle (z. B. Frikadelle): Entlehnung aus einer Fremdsprache (im Beispiel: Italienisch); diminuierender Charakter ist nicht mehr gegeben
- –elchen (z. B. Ding–el–chen): Suffix-Kombination aus den Diminutiv-Endungen –el und –chen
- –i (z. B. Franzi [hypokoristische Anrede] von Franziska; Schatzi von Schatz oder Vati von Vater [als Gattungsbezeichnung]): die Diminuierung geht meist mit einer Kürzung der Basis einher
- –it (z. B. Meteorit): diminuierte Bedeutung tritt in den Hintergrund
- –ing (z. B. Fäustling): semantisch keine Verminderung; Bildung von ausschließlich Maskulina
- –ine (z. B. Violine): kommen als Fremdsuffixe selten vor; diminuierte Bedeutung tritt in den Hintergrund
- Mini– (z. B. Minibus, Minipreis): Präfixoid/Lehnpräfix (eigenständige, fremdsprachliche Wortanhängung am Anfang eines Basislexems); meist für Sachbezeichnungen
- Klein– (z. B. Kleinwagen, Kleinkind): präfigierendes Kompositionsglied (eigenständige Wortanhängung am Anfang eines Basislexems)
- Liliput– (z. B. Liliputformat): präfigierendes Bestimmungsglied (am Wortanfang)
Hinsichtlich der selteneren adjektivischen Diminution unterscheidet man zwischen substantivischen Diminutiven aus Adjektiven als untypische Modifikation infolge eines Wortklassenwechsels (z. B. Jüngling aus jung, Dummerchen aus dumm) und adjektivischen Diminutiven aus Adjektiven (z. B. süßlich, gelblich, rundlich, niedlich). Letztere schreiben einem Sachverhalt Geschmacks-, Gestalt- oder Farbeigenschaften zu und spielen damit auf unsere Sinneseindrücke an (vgl. Grimm 1967: 661). Verben können durch die Suffixe –eln (z. B. hüsteln, tänzeln, lächeln; vgl. süßeln aus süß à Wortklassenwechsel, oft Vokaländerung) und –chen (z. B. Nickerchen aus (ein-)nicken) diminuiert werden. Durch diese Art der Diminuierung kann die Intensität einer assoziierten Handlung verringert bzw. der Grad an Formalität reduziert und Nähe zu einem Lebewesen bzw. Gegenstand ausgedrückt werden (vgl. Pellegrini 1977: 8). Diese Lexikalisierung betrifft heute einen weiten Teil der Diminutive, welche zuweilen auch idiomatisiert „und somit mehr oder weniger undurchsichtig für das heutige Sprachbewusstsein geworden […] [sind]“ (Würstle 1992: 60). Beispiele hierfür sind Haarbüschel, Mädel oder Ohrläppchen, Kaffeekränzchen oder Mädchen. In diesen Fällen oder auch bei Diminutiven in idiomatisierten Redewendungen (z. B. aus dem Häuschen sein, laufen wie am Schnürchen) handelt es sich um keine Diminutive im eigentlichen Sinne mehr (Würstle 1992: 60).
Mit Ines Pellegrini kann man bei der Interpretation von Diminutiven „zwischen objektiv festgestellter und subjektiv empfundener Kleinheit [bzw. Geringhaftigkeit; positiv wie negativ konnotiert]“ unterscheiden (Pellegrini 1977: 33). Der Unterschied zwischen beobachtbarer und nicht-beobachtbarer Kleinheit ist hinsichtlich der strategischen Kommunikation in Politik und Presse, Wirtschaft und Werbung von essenzieller Bedeutung, möchte man dem Wirkungsgrad der Diminuierung auf den Grund gehen.
Diminutiva in der strategischen Kommunikation. In (politischen) Diskursen geht es vorrangig darum, andere von der eigenen Position zu überzeugen bzw. zu überreden, sich hierfür als Akteur zu profilieren und letztlich die eigenen Interessen durchzusetzen. Sich gegenüber stehen einerseits kommunikative Praktiken zur Aufwertung der eigenen Position und zur Erlangung von öffentlichem Wohlwollen, andererseits Praktiken zur Abwertung der gegnerischen Position (vgl. Girnth/Burggraf 2019: 570). Solch einer Polarisierung kann unter anderem durch morphologisch-diminuierende Techniken wie der Derivation (z. B. Schwätzchen) oder der Kompositabildung (z. B. Mini–Aufstand) Rechnung getragen werden (vgl. Klein 2009: 2117).
Will man den Einsatz von Diminutiven in politischen Diskursen genauer betrachten, so muss zunächst zwischen zielgerichteter strategischer Diminuierung und beiläufiger, unbewusster Verwendung von Diminutiven unterschieden werden. Letztere bezieht sich zum Beispiel auf idiomatisierte Grundwörter (z. B. Brötchen), welche über keinen Bezug mehr zu ihren isolierten Basen verfügen und ihre einst diminuierende Bedeutung abgelegt haben. Betrachtet man hingegen den strategischen Einsatz, so kann die affektive Haltung der Rednerin/des Redners sowohl eine positive als auch eine negative Tendenz annehmen, was sich aus dem Kontext des Sachverhaltes ergibt. Die Rede von einem Fehlerchen kann dazu geeignet sein, Fehlverhalten gegenüber Kritikern einzugestehen und zugleich als ‚weniger schlimm‘ oder ‚verzeihbar‘ zu relativieren (vgl. Beispiel 2: Politik). Wird der identische diminuierte Ausdruck von Kritikern aufgegriffen, wechselt die Perspektive: Im ersten Fall wird die eigene Position verteidigt, um in einem möglichst guten Licht dazustehen. Im zweiten wird eine Gegenposition bloßgestellt und deren Ausredeversuch als ‚missglückt‘ zurückgewiesen, wodurch sich wieder positive Effekte für die eigene Position ergeben können. Die negative Intention von Diminutiven kann sich auch in Herabsetzung bzw. Diskriminierung in Form von Beleidigungen und Vorwürfen äußern (z. B. Schoßhündchen der Bürokratie). In solchen Fällen stellt sich die Frage, „ob der angesprochene persönliche Aspekt einen sachlichen Bezug zum Streitpunkt hat oder ob er zum Zweck der persönlichen ‚Demontage‘ eingebracht wird“ (Gloning 2020: 694).
Beispiele
(1) Diminutiv in Aphorismen
Abb. 1: Diminutiv in Aphorismen.
In Sprüchen, Redewendungen und Weisheiten erfreuen sich Diminutiva großer Beliebtheit. Der obenstehende Aphorismus veranschaulicht dies. Das ‚kleine, zerbrechliche‘ Blümchen kann ‚unter der Last‘ eines zu ‚großen und schweren‘ Schmetterlings einknicken. Um die Empfindlichkeit der Blume hervorzuheben, wird die diminuierende Form Blümchen verwendet.
(2) Protestzügleinchen – Diminutiv als Mittel zur Delegitimierung politischer Äußerungen
Das nachfolgende Beispiel entstammt einem Zeitungsartikel aus Die Zeit von 1997, in dem es in sarkastischer Weise um die Zerstörung der Elbuferlandschaft zugunsten der Erweiterung des Hafens von Altenwerder ging. Der Artikel greift dabei einen Protestzug auf und setzt diesen in scharfen Kontrast zu idyllischen Bildern.
Ein Protestzügeleinchen, zum letzten Mal, gegen die Zerstörung der Elbuferlandschaft von Altenwerder durch den Hafenausbau. Rührend! (Die Zeit 1997)
Anhand dieses Beispiels wird eine sarkastische Haltung des Autors in dreifacher Hinsicht deutlich: Der Autor greift gleich zu Beginn des Zitats zu einer doppelten Diminuierung mittels der Wortendungen (Suffixe) –lein und –chen (Prostestzüg-lein-chen). Der Protest wird auf diese Weise gleich in doppelter und damit auch auffälliger Weise ‚verkleinert‘ und sein Geltungsanspruch eingeschränkt. Die sarkastische Bewertung wird durch das affektive Adjektiv Rührend! am Ende des Zitats nochmals hervorgehoben. Würde der letzte Ausruf fehlen, so wäre auch eine positive Bewertung der Aussage lesbar (Sympathie-Bekundung gegenüber dem ‚kleinen Protest‘).
(3) Problemchen: Verharmlosung von ‚Problemen‘
Das nachfolgende Beispiel stammt aus dem Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages vom 11.12.1979 und steht in Zusammenhang mit Plänen zur Reformierung der Rentenversicherung. Franz Josef Strauß (CDU/CSU) kritisierte dabei Helmut Schmidt (SPD) wie folgt:
Am 30. September sagten Sie in der berühmten Fernsehdiskussion: „Ich sehe gar keine ernsten Gefahren. Ich sehe nur kleinere Probleme. Da gibt es ein Problemchen der Liquidität der Rücklagen.“ Weiter sagten Sie: „Was soll denn diese Angstmacherei, die ich notabene für unchristlich halte?“ (Plenarprotokoll 1979)
Strauß warf Schmidt vor, bestehende Probleme ‚kleingeredet‘ (Problemchen), Kritiker desavouiert (Angstmacherei) und die Öffentlichkeit über drohende Zusatzbelastungen (steigende Rentenbeiträge) getäuscht zu haben.
(4) Demonstratiönchen: Unterschätzung von Gefahren
Der nachfolgende Wortwechsel zwischen Bundestagsabgeordneten Carl-Dieter Spranger (CDU/CSU) und Andreas von Schoeler (FDP, damals Staatssekretär im Bundesinnenministerium) entstammt einer Debatte im Deutschen Bundestag aus dem Jahre 1976. Gegenstand ist der strafrechtliche Umgang mit Demonstrationsgruppen unterschiedlicher Größe:
Von Schoeler (FDP): Bei den gewalttätigen Demonstrationen gegen die Fahrpreiserhöhungen in Frankfurt war es die Taktik einer kleinen, militanten Gruppe von gewalttätigen Demonstranten, keine große Menge zu bilden, sondern sich in kleine Gruppen aufzulösen, unter harmlose Passanten zu mischen und von dort aus Gewalttaten vorzunehmen. Herr Kollege Spranger, bei diesem Vorgehen von Demonstranten haben Sie keine große Menge. Da findet keine Demonstration statt, wie Sie sie sich anscheinend vorstellen und wie es sie vor zehn Jahren gab, als Sie regierten, sondern das ist eine ganz andere, neue Form gewalttätiger Demonstrationen […]
Spranger (CDU/CSU): Herr von Schoeler, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie beabsichtigen, gegen diese Art von Demonstrationen in kleineren Grüppchen nichts zu unternehmen, obwohl die Gefährlichkeit dieser ‚Grüppchen‘ und der Vielzahl von kleineren ‚Demonstratiönchen‘ doch erwiesen ist?
Von Schoeler (FDP): Herr Kollege Spranger, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie doch wirklich erkennen müssen, daß ich dargelegt habe, daß Ihr Gesetzentwurf gegen solche Formen von Demonstrationen gar keine Handhabe bietet. Daraus können Sie doch nicht entnehmen, daß ich gegen Gewalttaten bei solchen Demonstrationen nichts unternehmen will. (Plenarprotokoll 1976)
Der Oppositionspolitiker Spranger unterstellt dem Staatssekretär von Schoeler, er wolle die von ihm beschriebenen militanten Gruppen nicht strafrechtlich verfolgen. Er greift dazu die Ausdrücke Demonstration und Gruppe des Vorredners auf, diminuiert sie aber zu Grüppchen und Demonstratiönchen. Auf diese Weise reformuliert er Schoelers Perspektive auf den Sachverhalt und bewertet diese Perspektive als ‚naiv‘ und als eine ‚(bewusste) Unterschätzung der militanten Gefahr‘. Von Schoeler wiederum weist diese Umdeutung seiner Position als illegitim zurück (wenn Sie zugehört hätten).
(5) Diminutiv in der Werbung I
Abb. 2: Aktionsplakat für Bäckereien.
Das Werbeplakat einer Bäckerei spielt mit dem Basislexem Brot, welches weiter unten in der Anzeige wieder aufgegriffen und in Form des Diminutivs Brötchen wiedergegeben wird. Strenggenommen hat der Begriff Brötchen als idiomatisiertes Lexem mit eigenständiger Bedeutung seine diminuierende Bedeutung abgelegt. Doch in dieser prägnanten Gegenüberstellung von ‚großen Broten‘ und ‚kleineren Brötchen‘ lässt sich vermuten, dass hier eine verniedlichende Bedeutung mitschwingt.
(6) Diminutiv in der Werbung II
Abb. 3: Werbung einer Biermarke.
Eine Verniedlichungsabsicht kann auch in der folgenden Werbeanzeige der Brauerei Stauder angenommen werden, in der das Bier zum Bierchen diminuiert wird. Die Verniedlichung durch die Diminutivform zielt auf alltägliche Gebrauchskontexte (Feierabendbierchen), in denen der Konsum von Alkohol häufig relativiert und Risiken einer latenten Alkoholabhängigkeit ausgeblendet werden sollen. Diese rhetorische, verharmlosende Versprachlichung wird oft auch zum Gegenstand metasprachlicher Reflexion und Kritik in der Suchtprävention. Typische Titel in der Berichterstattung lauten etwa: „Auch das Bierchen führt zur Sucht“ (Frankenpost 2009) oder Wie aus ein paar „Bierchen“ Alkoholsucht wurde (Irle-Utsch 2021).
Literatur
Zum Weiterlesen
- Donalies, Elke (2006): Dem Väterchen sein Megahut. Der Charm der deutschen Diminution und Augmentation und wie wir ihm gerecht werden. In: Breindl, Eva; Gunkel, Lutz; Strecker, Bruno (Hrsg.): Grammatische Untersuchungen. Analysen und Reflexionen. Festschrift für Gisela Zifonun, Bd. 36. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 33–51.
- Würstle, Regine (1992): Überangebot und Defizit in der Wortbildung. Eine kontrastive Studie zur Diminutivbildung im Deutschen, Französischen und Englischen. Frankfurt a. M.: Peter Lang.
Zitierte Literatur
-
Deutscher Bundestag (1976): Plenarprotokoll 07/213, 16.01.1976, 14733B.
-
Deutscher Bundestag (1978): Plenarprotokoll 08/67, 24.01.1978, 5154D–5155A.
- Donalies, Elke (2006): Dem Väterchen sein Megahut. Der Charm der deutschen Diminution und Augmentation und wie wir ihm gerecht werden. In: Breindl, Eva; Gunkel, Lutz; Strecker, Bruno (Hrsg.): Grammatische Untersuchungen. Analysen und Reflexionen. Festschrift für Gisela Zifonun, Bd. 36. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 33–51.
- Duden (2020): DUDEN. Die Deutsche Rechtschreibung. Das umfassende Standardwerk auf der Grundlage der amtlichen Regeln. 28., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Dudenverlag.
- Die Zeit (1997): Archivmaterial. UB Uni Siegen.
- Frankenpost (2009): „Auch das Bierchen führt zur Sucht“. In: Frankenpost.de. Online unter: https://www.frankenpost.de/inhalt.rehau-auch-das-bierchen-fuehrt-zur-sucht.0dd15365-24d2-42bd-aaf9-43678b97443e.html ; Zugriff: 10.10.2024.
- Girnth, Heiko; Burggraf, Stefan (2019): Narrative Überzeugungs- und Wirkungsmechanismen der politischen Rede. In: Burkhardt, Armin (Hrsg.): Handbuch Politische Rhetorik. Bd. 10. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, S. 565–582.
- Gloning, Thomas (2019): Polemik und Ironie. In: Burkhardt, Armin (Hrsg.): Handbuch Politische Rhetorik. Bd. 10. Berlin, Boston: Walter de Gruyter, S. 689–712.
- Grimm, Jacob (1967): Deutsche Grammatik III. reprografischer Nachdruck der Ausgabe Gütersloh 1890. Hildesheim: Georg Olms.
- Klein, Josef (2009): Rhetorisch-stilistische Eigenschaften der Sprache der Politik. In: Fix, Ulla; Gardt, Andreas; Knape, Joachim (Hrsg.): Rhetorik und Stilistik. Ein internationales Handbuch historischer und systematischer Forschung, Bd. 31.2. Berlin, New York: Walter de Gruyter, S. 2112–2131.
- IDS (2022): Diminutivum. Leibniz-Institut für Deutsche Sprache. Online unter: https://grammis.ids-mannheim.de/terminologie/62 ; Zugriff: 26.03.2024.
- Pellegrini, Ines Angela (1977): Die Diminutive im Deutschen und im Italienischen. Zürich: Juris Dr.
- Joseph Maria; Petschening, Michael; Skutsch, Franz (Hrsg.) (2006): STOWASSER. Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. München: Oldenbourg Schulbuchverlag.
- Würstle, Regine (1992): Überangebot und Defizit in der Wortbildung. Eine kontrastive Studie zur Diminutivbildung im Deutschen, Französischen und Englischen. Frankfurt a. M.: Peter Lang.
Abbildungsverzeichnis
- Abb. 1: Beispiel: Diminutiv in Aphrorismen. URL: https://debeste.de/268227/Hat-das-Bl-mchen-einen-Knick-War-der-Schmetterling-zu ; Zugriff: 10.10.2024.
- Abb. 2: Aktionsplakat für Bäckereien. URL: https://www.net-xpress.de/aktionsplakat-fuer-baeckerei/a-2169/ ; Zugriff: 10.10.2024.
- Abb. 3: Werbung einer Biermarke. URL: https://www.riegg.com/work/referenzen/stauder ; Zugriff: 10.10.2024.
Zitiervorschlag
Schneider, Maximilian (2024): Diminutiv. In: Diskursmonitor. Glossar zur strategischen Kommunikation in öffentlichen Diskursen. Hg. von der Forschungsgruppe Diskursmonitor und Diskursintervention. Veröffentlicht am 05.11.2024. Online unter: https://diskursmonitor.de/glossar/diminutiv.
DiskursGlossar
Grundbegriffe
Kontextualisieren
Kontextualisieren wird im allgemeineren bildungssprachlichen Begriffsgebrauch verwendet, um das Einordnen von etwas oder jemandem in einen bestimmten Zusammenhang zu bezeichnen.
Narrativ
Mit der diskursanalytischen Kategorie des Narrativs werden Vorstellungen von komplexen Denk- und Handlungsstrukturen erfasst. Narrative in diesem Sinne gehören wie Schlagwörter, Metaphern und Topoi zu den Grundkategorien der Analyse von Diskursen.
Argumentation
Argumentation bezeichnet jene sprachliche Tätigkeit, in der man sich mithilfe von Gründen darum bemüht, die Richtigkeit einer Antwort auf eine bestimmte Frage zu erweisen. Das kann in ganz verschiedenen Situationen und Bereichen nötig sein, namentlich um eine poli-tische, wissenschaftliche, rechtliche, unternehmerische oder private Angelegenheit zu klären.
Hegemonie
Wie der britische Politikwissenschaftler Perry Anderson 2018 in einer umfassenden, historisch weit ausgreifenden Studie zum Gebrauch des Begriffs Hegemonie und seinen Konjunkturen beschreibt, liegen die historischen Wurzeln des Begriffs im Griechischen, als Bezeichnung für Führung (eines Staatswesens) mit Anteilen von Konsens.
Diskurskompetenz
Im engeren, linguistischen Sinn bezeichnet Diskurskompetenz die individuelle sprachlich-kommunikative Fähigkeit, längere zusammenhängende sprachliche Äußerungen wie Erzählungen, Erklärungen, Argumentationen zu formulieren und zu verstehen.
Agenda Setting
Rassistisch motivierte Gewalt, Zerstörung des Regenwaldes, Gender pay gap: Damit politische Institutionen solche Probleme bearbeiten, müssen sie erst als Probleme erkannt und auf die politische Tagesordnung (Agenda) gesetzt werden. Agenda Setting wird in Kommunikations- und Politikwissenschaft als eine Form strategischer Kommunikation beschrieben, mithilfe derer Themen öffentlich Gehör verschafft und politischer Druck erzeugt werden kann.
Medien
Die Begriffe Medien/Massenmedien bezeichnen diverse Mittel zur Verbreitung von Informationen und Unterhaltung sowie von Bildungsinhalten. Medien schaffen damit eine wesentliche Grundlage für Meinungsbildung und Meinungsaustausch.
Macht
Macht ist die Fähigkeit, Verhalten oder Denken von Personen zu beeinflussen. Sie ist Bestandteil sozialer Beziehungen, ist an Kommunikation gebunden und konkretisiert sich situationsabhängig. Alle expliziten und impliziten Regeln, Normen, Kräfteverhältnisse und Wissensformationen können aus diskursanalytischer Perspektive als Machtstrukturen verstanden werden, die Einfluss auf Wahrheitsansprüche und (Sprach)Handlungen in einer Gesellschaft oder Gruppe nehmen.
Metapher
In der politischen Berichterstattung ist oft davon die Rede, dass eine bestimmte Partei einen Gesetzesentwurf blockiert. Weil das Wort in diesem Zusammenhang so konventionell ist, kann man leicht übersehen, dass es sich dabei um eine Metapher handelt.
Normalismus
Normalismus ist der zentrale Fachbegriff für die Diskurstheorie des Literaturwissenschaftlers Jürgen Link. Die Normalismus-Theorie fragt danach, wie sich Vorstellungen von ‚Normalität‘ und ‚Anormalität‘ als Leit- und Ordnungskategorien moderner Gesellschaften herausgebildet haben.
Techniken
Parole
Die Parole ist ein kleines, potentes sprachliches Werkzeug, das in der politischen Kommunikation unerlässlich ist und zweckgebunden in politischen Mobilisierungen eingesetzt wird.
Komposita
. In der politischen Rhetorik tragen Komposita zur Prägnanz und Emotionalität von Botschaften bei, indem sie komplexe Sachverhalte und politische Themen in zentralen Begriffen bündeln, in griffige Schlagworte packen und diese für den gesellschaftlichen Diskurs zur Verfügung stellen (zum Beispiel Krisenmodus, Zeitenwende oder Rückführungspatenschaften).
Nicht-Entschuldigen / Nonpology
Mit der Nicht-Entschuldigung verfolgen Diskursakteure verschiedene Ziele: sie wollen Ablenken von der eigenen Schuld, erhoffen sich eine Reputationsverbesserung durch vorgespielte Reue oder wollen (andere) negative Konsequenzen abwenden und sich in der Öffentlichkeit positiv als fehlereinsichtig und selbstkritisch darstellen.
Liken
Die eigentliche Funktion des Likens geht jedoch über das Signalisieren von Zustimmung hinaus und ist konstitutiv für das Funktionieren sozialer Medienplattformen und das Aushandeln von verschiedenen Formen der Sozialität auf diesen.
Hashtag
Mit dem Begriff Hashtag wird auf eine kommunikative Technik der spontanen Verschlagwortung und Inde-xierung von Postings in der Internetkommunikation verwiesen, bei der Sprache und Medientechnik sinnstif-tend zusammenwirken. Der Gebrauch von Hashtags hat eine diskursbündelnde Funktion: Er ermöglicht es, Inhalte zu kategorisieren (#Linguistik, #Bundestag), such- und auffindbar zu machen (#Bundestags-wahl2025), aber auch zu bewerten (#nicetohave) und zu kontextualisieren (#Niewiederistjetzt).
Sündenbock
Der Sündenbock bezeichnet eine Person oder Gruppe, die stellvertretend für etwas beschuldigt wird. Hinter dieser Schuldzuweisung steckt ein kommunikativer Mechanismus des Gruppenzusammenhalts, der sich in verschiedenen kulturellen Kontexten und zu unterschiedlichen Zeiten durch Rituale, Mythen, Erzählungen oder Verhalten manifestiert.
Redenschreiben
Wer Reden schreibt, bereitet die schriftliche Fassung von Reden vor, die bei besonderen Anlässen gehalten werden und bei denen es auf einen ausgearbeiteten Vortrag ankommt.
Offener Brief
Bei einem offenen Brief handelt es sich um eine strategische Praktik, die genutzt wird, um Anliegen einer Person oder Gruppe öffentlich sichtbar zu machen. Die Texte, die als offene Briefe bezeichnet werden, richten sich an eine Person oder Institution und werden über Medien veröffentlicht.
Kommunikationsverweigerung
Unter dem Begriff Kommunikationsverweigerung lässt sich ein Bündel von Praktiken und Strategien fassen, die den kommunikativen Austausch zu erschweren oder zu verhindern suchen.
Flugblatt
Unter Flugblättern versteht man einseitige Druckerzeugnisse, die ursprünglich meist illustriert waren. Eng verwandt sind die mehrseitigen Flugschriften. Während Flugschriften und Flugblätter heute kostenlos verteilt werden oder zur Mitnahme ausliegen, wurden sie in der Frühen Neuzeit zunächst als Handelswaren verkauft und gingen so als frühe Massenmedien den Zeitungen voraus.
Schlagwörter
Politisch korrekt / Politische Korrektheit
Der Ausdruck politisch korrekt / Politische Korrektheit und die amerikanischen Vorbilder politically correct /P.C. / Political Correctness (Gegenteile, etwa politisch unkorrekt etc., sind mitzudenken) repräsentieren ein seit den frühen Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts populäres Deutungsmuster, mit dem weltanschauliche, ästhetische und politische Konflikte berichtet/bewertet werden, meist zuungunsten der als politisch korrekt bezeichneten Positionen, denen man eine überzogene, sowohl lächerliche als auch gefährliche Moralisierung unterstellt.
Kipppunkt
Als öffentliches Schlagwort ist Kipppunkt Teil eines Argumentationsmusters: es behauptet ein ‚Herannahen und baldiges Überschreiten einer unumkehrbaren Sachverhaltsänderung, die fatale bzw. dystopische Folgeschäden auslöst, wenn nicht umgehend bestimmte Maßnahmen eingeleitet oder unterlassen werden.‘
Verfassung
Die Verfassung eines Landes (in Deutschland das Grundgesetz von 1949) steht für die höchste und letzte normative und Legitimität setzende Instanz einer staatlichen Rechtsordnung. In der offiziellen Version demokratischer Selbstbeschreibung ist es das Volk selbst, das sich in einem rituellen Gründungsakt eine Verfassung gibt.
Toxizität / das Toxische
Es ist nicht immer ganz eindeutig bestimmbar, was gemeint wird, wenn etwas als toxisch bezeichnet wird. Zeigen lässt sich zwar, dass sich die Bedeutung von ‚giftig‘ hin zu ‚schädlich‘ erweitert hat, doch die Umstände, unter denen etwas für jemanden toxisch, d. h. schädlich ist, müssen aus der diskursiven Situation heraus erschlossen werden.
Zivilgesellschaft
Im gegenwärtigen deutschen Sprachgebrauch werden so heterogene Organisationen, Bewegungen und Initiativen wie ADAC und Gewerkschaften, Trachtenvereine und Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und religiöse Gemeinschaften zur Zivilgesellschaft gezählt.
Demokratie
Der Ausdruck Demokratie dient häufig zur Bezeichnung einer (parlamentarischen) Staatsform und suggeriert die mögliche Beteiligung aller an den Öffentlichen Angelegenheiten. Dabei ist seine Bedeutung weniger eindeutig als es den Anschein hat.
Plagiat/Plagiarismus
Plagiarismus ist ein Begriff, der sich im öffentlichen Diskurs gegen Personen oder Produkte richten kann, um diese in zuweilen skandalisierender Absicht einer Praxis unerlaubter intermedialer Bezugnahme zu bezichtigen. Die Illegitimität dieser Praxis wird oft mit vermeintlichen moralischen Verfehlungen in Verbindung gebracht.
Fake News
Fake News wird als Schlagwort im Kampf um Macht und Deutungshoheit in politischen Auseinandersetzungen verwendet, in denen sich die jeweiligen politischen Gegenspieler und ihre Anhänger wechselseitig der Lüge und der Verbreitung von Falschnachrichten zum Zweck der Manipulation der öffentlichen Meinung und der Bevölkerung bezichtigen.
Lügenpresse
Der Ausdruck Lügenpresse ist ein politisch instrumentalisierter „Schlachtruf“ oder „Kampfbegriff“ gegen etablierte und traditionelle Medien. Dabei wird häufig nicht einzelnen Medien-Akteuren, sondern der gesamten Medienbranche vorgeworfen, gezielt die Unwahrheit zu publizieren.
Antisemitismus
Mit Antisemitismus werden gemeinhin alle jene Phänomene bezeichnet, die sich gegen das Judentum oder gegen Jüdinnen*Juden als Jüdinnen*Juden richten. Die entsprechenden Erscheinungen reichen von der bloßen Distanzierung und Behauptung jüdischer Andersartigkeit, über vollständig ausgearbeitete Weltbilder, die Jüdinnen*Juden für sämtliche Probleme verantwortlich machen, bis hin zu massiven Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Gewaltpraktiken.
Verschiebungen
Versicherheitlichung
In akademischen Kontexten wird Versicherheitlichung in Abgrenzung zu einem naiv-realistischen Sicherheitsverständnis verwendet. Dieses betrachtet Sicherheit als einen universell erstrebenswerten und objektiv feststellbaren Zustand, dessen Abwesenheit auf das Handeln von Akteuren zurückzuführen ist, die feindselig, kriminell, unverantwortlich oder zumindest fahrlässig agieren.
Ökonomisierung
Ökonomisierung wird in gegenwärtigen Diskursen in der Regel zur Bezeichnung von Prozessen verwendet, in denen die spezifisch wirtschaftlichen Funktions-Elemente wie Markt, Wettbewerb/Konkurrenz, Kosten-Nutzen-Kalküle, Effizienz, Gewinnorientierung in Bereiche übertragen werden, die zuvor teilweise oder ganz nach anderen Leitkriterien ausgerichtet waren
Moralisierung
Moralisierung verlagert Macht- und Interessenkonflikte in die Sphäre der Kommunikation von Achtung / Missachtung. Sie reduziert Ambivalenz zugunsten einer Polarisierung von gut und böse.
Konstellationen
Skandal
Die Diskurskonstellation des Skandals zeichnet sich durch eine in den Medien aufgegriffene (bzw. durch sie erst hervorgerufene) empörte Reaktion eines erheblichen Teils der Bevölkerung auf einen tatsächlichen oder vermeintlichen Missstand aus. Die schuldhafte Verursachung dieses Missstandes wird dabei einem gesellschaftlichen Akteur zugeschrieben, dessen Handeln als ‚unmoralisch‘ gedeutet wird.
DiskursReview
Review-Artikel
Relativieren – kontextualisieren – differenzieren
Die drei Handlungsverben relativieren, kontextualisieren, differenzieren haben gemein, dass sie sowohl in Fachdiskursen als auch im mediopolitischen Interdiskurs gebraucht werden. In Fachdiskursen stehen sie unter anderem für Praktiken, die das Kerngeschäft wissenschaftlichen Arbeitens ausmachen: analytische Gegenstände miteinander in Beziehung zu setzen, einzuordnen, zu typisieren und zugleich Unterschiede zu erkennen und zu benennen.
Wehrhafte Demokratie: Vom Wirtschaftskrieg zur Kriegswirtschaft
Weitgehend ohne Öffentlichkeit und situiert in rechtlichen Grauzonen findet derzeit die Militarisierung der ursprünglich als „Friedensprojekt“ gedachten EU statt.
Tagung 2025: „Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung und Delegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen
„Das geht zu weit!“ Sprachlich-kommunikative Strategien der Legitimierung undDelegitimierung von Protest in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen Tagung der Forschungsgruppe Diskursmonitor Tagung: 04. bis 5. Juni 2025 | Ort: Freie Universität...
„Remigration“ – Ein Riss im Schleier der Vagheit. Diskursive Strategien rund um das Remigrationskonzept und die Correctiv-Recherchen
Die am 10. Januar veröffentlichte Correctiv-Recherche über ein rechtes Vernetzungstreffen in Potsdam sorgte für erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit und die größten Demonstrationen gegen Rechtsaußen seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Im Fokus der Kritik…
Neue Beiträge Zur Diskursforschung 2023
Mit Beginn des Wintersemesters laden die Forschungsgruppen CoSoDi und Diskursmonitor sowie die Akademie diskursiv ein zur Vortragsreihe Neue Beiträge Zur Diskursforschung. Als interdisziplinäres Forschungsfeld bietet die Diskursforschung eine Vielzahl an...
Tagung: Zur Politisierung des Alltags – Strategische Kommunikation in öffentlichen Diskursen (01.–03.02.2023)
Die (krisenbedingt verschärfte) Politisierung der Alltagsdiskurse stehen im Zentrum der hier geplanten Tagung. Antworten auf folgende Leitfragen sollen dabei diskutiert werden: Was sind die sozialen, medial-räumlichen und sprachlichen Konstitutionsbedingungen…
Tagung: Diskursintervention (31.01.2019–01.02.2019)
Welchen Beitrag kann (bzw. muss) die Diskursforschung zur Kultivierung öffentlicher Diskurse leisten? Was kann ein transparenter, normativer Maßstab zur Bewertung sozialer und gesellschaftlicher Diskursverhältnisse sein?
Was ist ein Volk?
Dass „Volk“ ein höchst schillernder und vielschichtiger politischer Leitbegriff der vergangenen Jahrhunderte gewesen ist (und nach wie vor ist), kann man schon daran erkennen, dass der Eintrag „Volk, Nation“ in Brunner, Conze & Kosellecks großem Nachschlagwerk zur politischen Begriffsgeschichte mehr als 300 Seiten umfasst.
Antitotalitär? Antiextremistisch? Wehrhaft!
Im Herbst 2022 veranstalteten die Sender des Deutschlandradios eine Kampagne mit Hörerbeteiligung zur Auswahl eines Themas, mit dem sich ihre sogenannte „Denkfabrik“ über das kommende Jahr intensiv beschäftigen solle. Fünf Themen standen zur Auswahl, „wehrhafte Demokratie“ wurde gewählt, wenig überraschend angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine…
Über einige Neuzugänge im (täglich wachsenden) Repertoire bellizistischer Kampf- und Kontaminationsbegriffe
[1] Was haben die Ausdrücke »Eskalationsphobie«, »Friedensmeute« und »Lumpenpazifismus« gemeinsam? Nun, zuerst einmal den Umstand, dass alle drei verdienstvolle Neuprägungen unserer medio-politischen Klasse sind…